Freudentränen-Emoji ist Wort des Jahres

Das Wort des Jahres, das kein Wort, sondern ein Emoji ist
Ausgerechnet Englands Elite-Uni Oxford wählte den Tränen lachenden Smiley zum Wort des Jahres. Aus unserer Alltagskommunikation ist er nicht mehr wegzudenken.

"Ich weine vor Glück". "Ich schicke dir Küsse". "Ich liebe dich." Früher brauchten große Gefühle viele Worte, heute reicht ein kleines Bild. Ein Emoji, das alles in einem bunten Zeichen ausdrückt und die Kommunikation in eMails und Textnachrichten noch schneller macht.

Der Trend zum Sprach-Minimalismus sorgt jetzt für eine Revolution bei Englands Sprachpolizei: Die Redaktion der Oxford Dictionaries wählte erstmals ein Emoji zum Wort des Jahres. Das berühmte Smiley-Gesicht mit den Freudentränen "überwindet sprachliche Grenzen ", begründete die Eliteuniversität Oxford ihre Wahl. Es ist das beliebteste Bildzeichen, am zweithäufigsten wird der Kussmund mit den fliegenden Herzen versendet, dann folgt das klassische rote Herz. Laut der Echtzeit-Website emojitracker.com wurde das weinende Lachgesicht auf Twitter bisher mehr als 995 Millionen Mal verwendet.

Dabei kann sogar das neue Wort des Jahres unterschiedlich interpretiert werden: Offiziell als "Weinen vor Glück" betitelt, wird es von vielen Usern als "Ich habe Tränen gelacht" oder "Ich hau mich ab" verwendet.

Shakespeare in Emoji

Der Begriff Emoji kommt aus dem Japanischen und setzt sich aus den Wörtern "Bild" und "Buchstabe" zusammen. Die kleinen Bilder wurden vor 15 Jahren von Shigetaka Kurita erfunden, der sich dazu von Comics und Straßenschildern inspirieren ließ. Sie werden inzwischen als Abkürzung für ganze Sätze verwendet.

Im Duden bereits enthalten ist das Wort Emoticon: Die englische Kombination aus "emotion" und "icon" (Zeichen) bezieht sich, im Gegensatz zu Emojis, nur auf Gefühlsäußerungen. Ein solcher Begriff kann auch auf der Tastatur eingegeben werden, etwa :-) für das lächelnde Gesicht. Es wird schon seit den 1980er-Jahren verwendet.

Die Oxford Dictionaries sind nicht die erste britische Institution, die den Emojis Tribut zollt. Auch der ehrwürdige britische Penguin-Verlag wagte den Schritt in die Zukunft: Da Romeo und Julia wohl heute so wie alle Jugendlichen über Emojis kommunizieren würden, publizierte der Verlag den berühmtesten Literatur-Klassiker in Zeichensprache neu. Hamlet sagt inzwischen "to be or not to be" mit einem Bienen-Emoji (englisch "the bee").

Für die Sprachwissenschaftlerin Verena Krausneker von der Universität Wien sind die Bildzeichen eine praktische Bereicherung: "In Textnachrichten schreiben wir gesprochene Sprache, aber Mimik und Gestik fehlen dabei. Es kann zu Missverständnissen kommen, weil jemand den Ton falsch versteht. Das kann man mit Emojis gut abfangen." Sie selbst verwendet vor allem drei Bilder: Freuen, Augenzwinkern und Traurigsein. Von einer Dolmetscherin, die mit analphabetischen Menschen arbeitet, kennt sie eine andere Nutzung der Bildzeichen: "Sie führt ganze Konversationen nur über die Emojis. Das ist extrem hilfreich."

Klischees werden bestätigt

Die kleinen, bunten Icons verwendet nahezu jeder, der im Internet unterwegs ist, fand die Marketing-Plattform Emogi heraus: 92 Prozent der User haben demnach schon einmal ein Emoji verschickt. 78 Prozent der Frauen und 60 Prozent der Männer.

Der weltweit erste Emoji-Report zeigte, welche Bilder in den verschiedenen Ländern am beliebtesten sind. Das britische Unternehmen SwiftKey analysierte eine Milliarde Icons – die Ergebnisse bestätigten so manches Klischee: Franzosen verwenden vier Mal so viele Herz-Emojis wie alle anderen Nationen, dafür haben sie als einzige keinen Smiley auf Platz 1. US-Amerikaner lieben die Zeichen für Fleisch und Kuchen und Spanier verschicken besonders viele Party-Bildchen. Araber versenden vier Mal mehr Blumen- und Pflanzenbilder als der internationale Durchschnitt. Auch die Australier werden ihrem Ruf gerecht: Sie mögen vor allem die Icons für Alkohol.

Das bunte Emoji-Repertoire wird laufend erweitert – die Website flirtmoji.co bietet jetzt sogar bildliches Vokabular für erotisches Bettgeflüster via Smartphone ("Sexting"). Wer also einen Handy-Flirt beginnt, schickt als Erstes ein Bild von zwei Händen, die ein Herz formen, und kommt dann zur Sache: etwa mit einer Zunge, die sich lasziv über die Lippen leckt. Oder mit Handschellen.

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