Dreißig Jobs in einem Jahr

Zwischenstation als Lehrerin: Jannike Stöhr auf dem Weg zu ihrem Traumberuf
Jannike Stöhr hat sich bei einem deutschen Autokonzern karenzieren lassen, um ihren Traumberuf zu finden.
Von Uwe Mauch

Eine Woche lang war sie Praktikantin in einem Berliner Architekturbüro, eine Woche lang Winzerin an der Mosel. Ebenso durfte sie sich als Marktruferin, Bauarbeiterin und Lehrerin in ihrem Heimatort Emden ausprobieren. Und Tierpräparatorin im Naturhistorischen Museum in Wien war sie auch.

Dreißig Jobs in einem Jahr
Jannike Stöhr - probierte 30 Berufe in einem Jahr
Ein weiterer außergewöhnlicher Selbstversuch: Während der Autor Ilja Trojanow vier Jahre lang alle olympischen Sportarten ausprobiert hat und darüber in seinem lesenswerten Buch "Meine Olympiade" (bei S. Fischer erschienen, 22,70 €) schreibt, berichtet die Personalberaterin Jannike Stöhr über ihr ebenso fantastisches "Traumjob-Experiment" (Eichborn, 16 €).

Sicherheit hinschmeißen

Die heute 30-Jährige hatte einen "unverschämt gut dotierten" Job beim größten deutschen Autohersteller. Doch nach acht Jahren als Personalplanerin in der Konzernzentrale und Personalberaterin in China gelangte sie zur Erkenntnis: "Meine Arbeit war nicht schlecht, aber ich habe mich immer fehl am Platz gefühlt. Ich hatte den Eindruck, dass ich da nicht hinpasse."

Weil sie in ihrem Umfeld die Leidenschaft fürs Arbeiten, aber auch fürs Leben vermisste, ließ sie sich zunächst für ein Jahr karenzieren. Den sicheren Job hinschmeißen, das verstanden im Juli 2014 nur wenige.

Doch Stöhr hatte genügend Geld angespart und ihren Lebensstil bereits auf "genügsam" gedrosselt, kam fortan auch ohne Auto vorwärts. Bald fand sie bei ihrer Jobhopping-Tour heraus, dass es für sie diesen einen Traumberuf nicht geben kann. Dennoch fiel es ihr bei mehr als einer Station schwer, sich zu verabschieden. Etwa in der Online-Redaktion eines Münchner Frauenmagazins oder in der Print-Redaktion des Hamburger Geo-Magazins. Vor allem aber bei einem privaten Berliner Personalberater.

Dreißig Jobs in einem Jahr
Jannike Stöhr - probierte 30 Berufe in einem Jahr
Kein Job ist für sie Tierpräparatorin: "Das waren sehr nette Kollegen in Wien, zu denen ich immer noch Kontakt habe, aber ich persönlich eigne mich nicht für diesen Beruf." Zur Winzerin, Lehrerin und Architektin übrigens auch nicht.

Heute sagt Jannike Stöhr, die ihren Ausstieg aus der gut bezahlten, aber wenig inspirierenden Komfortzone nicht eine Sekunde bereut: "Interessant waren für mich nicht nur meine dreißig Praktika. Spannend waren für mich auch die leidenschaftlich arbeitenden Menschen, die ich in den zwölf Monaten begleiten und kennenlernen durfte."

Leichter von der Hand

Auf dem Weg zum Traumjob hat die Suchende schnell verstanden: "Überall dort, wo man Unternehmenskultur nicht als Schlagwort auf der Homepage versteckt, sondern tatsächlich lebt, fühlen sich die Menschen wohler. Dort geht auch die Arbeit leichter von der Hand." Bleibt am Ende noch die Frage, welcher Beruf ihren persönlichen Träumen am nächsten kommt. Einige Hinweise dazu finden sich in ihrem Blog 30-jobs-in-einem-jahr.de. Dem KURIER erzählt sie am Rande der GLOBART Academy in Krems: "Ich habe im Mai in Berlin eine Online-Beratungsagentur gegründet."

Menschen, die so wie sie mit ihrer Arbeit nicht zufrieden sind, versorgt Stöhr via Skype mit Anregungen für eine Neuorientierung. Dabei kann sie auch auf ihren Erfahrungsschatz bauen.

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