Herr der Fische: Hier gibt es Salzwasserfische aus Österreich
An einem kleinen Waldweg im Naturpark Mürzsteg liegen 30 Wasserbecken verborgen hinter dichtem Grün und buntem Herbstlaub. "Acht Mädels sind’s – schaut nach vielen Eiern aus", ruft Michael Wesonig seinen Mitarbeitern zu. Einige Seesaibling-Damen und auch -Herren mit leuchtend orangen Schuppen tummeln sich in einzelnen Kunststoff-Kisten.
Wobei tummeln die Szenerie nicht trefflich beschreibt: Dank Nelkenöl dösen die rund vier Kilo schweren Süßwasser-Fische vielmehr vor sich hin.
In der Laichzeit fischt Wesonig die Damen aus dem Wasser, um ihnen die unbefruchteten Rogen quasi aus dem Bauch zu pressen, anschließend werden diese mit der Milch (Sperma) des männlichen Fisches verrührt. Wenige Sekunden reichen für die Befruchtung.
"Der Marmorata-Saibling siedelte sich vor der Regenbogenforelle in Europa an. In der Laichzeit sind die Männchen besonders schön und hochrückig. Aus ein bis zwei Kilogramm Rogen pro Fisch können sich 20.000 Babys entwickeln." Für zehn Wochen kommen dann die Fischeier in sogenannte Brutrinnen, wo die Kleinen dann mit Dottersack schlüpfen.
Sechs Grad kaltes Bergquellwasser fließt direkt in die Naturwasserbecken. "Ich will Muttertiere halten, um unabhängig zu sein. So kann ich eigene Fische züchten, die mit den Bedingungen zurechtkommen. Die Tiere wachsen zwar hier langsam, aber sie sind gesünder. Sie leiden nicht unter Bakterien und Antibiotika sind kein Thema."
Ichthyologie
wird die Fischkunde genannt
450 Mio. Jahre alt
sind die Pteraspidomorphi – die ältesten bekannten Fischartigen
Saibling
gehört zur Familie der Lachsfische. Sie leben in kaltem, klarem Wasser auf der Nordhalbkugel
Lachse
werden in zwei Gattungen unterteilt: Die Arten des Pazifischen Lachses sind reine Süßwasserfische oder Wanderfische
Verrückte Idee
Am Oberlauf der Mürz nahe des Wasserfalls zum Toten Weib ging der Steirer am liebsten fischen, doch die Bachforellen wurden von Jahr zu Jahr weniger. Also beschloss er, vor zehn Jahren selbst zu züchten und dann die Fische wieder auszusetzen.
"Ich habe gar nicht viel darüber nachgedacht, sondern einfach gemacht. Am Anfang waren es ein paar Becken, auch als Auszeit-Refugium für die Kinder gedacht. Doch es wäre verrückt gewesen, sie auszusetzen, um sie wieder abzufischen."
Vor vier Jahren kündigte der 43-Jährige schließlich seinen Job in der Holzwirtschaft: "Ob Holz oder Fische – Hauptsache Natur. Tiere geben ein ehrliches Feedback. Es kann niemand betrogen werden."
Billigen Zander aus Österreich
Wesonig vergrößerte das Unternehmen um Indoor-Wasserbecken in Weiz, dort züchtet er Salzwassertiere wie Branzino, Dorade, Adlerfisch oder Garnelen – anders als im Meer garantiert Wurm- und Mikroplastik-frei: "Meeresfische sind sehr intelligent. Der Branzino braucht Zeit zum Wachsen, schmeckt aber viel frischer als wir es aus unseren Urlauben kennen. Eine Indoorzucht und das Arbeiten mit warmem Wasser ist hochkomplex. In wenigen Jahren können wir das Meer in Ruhe lassen."
Der Wasserverbrauch sei mit einigen Liter pro Fisch gering.“ Kritik übt Wesonig an unserem Konsum: "Der Österreicher kauft billigen Zander und fragt nicht, woher dieser kommt – mit Sicherheit nicht aus dem Burgenland, sondern aus der Türkei oder Kasachstan."
Fischbällchen und Fischleberkäse
Neben der Zucht verarbeitet das Unternehmen den Fisch auch zu edlen Fertigprodukten: Bei seinen Kindern kommen Fischleberkäse (9,50 Euro/ 450 g), Fischbällchen mit einer Spezialsoße (19,50 Euro/10 Bällchen) sowie Zander-Bolognese (12,50 Euro/370 g) am besten an.
Frischen Fisch liefert er an namhafte Adressen wie den Grazer Delikatesshändler Frankowitsch oder den Edel-Japaner Shiki in Wien, verkauft aber auch auf Bauernmärkten in Wien und Baden (Shop unter www.michis-frische-fische.at).
Ende kommenden Jahres möchte sich der Unternehmer nach den Jahren der harten Arbeit eine Pause gönnen: "Etwas aus dem Nichts aufzubauen, ist nicht ohne. Vor allem wenn man keine Goldmine gefunden hat."
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