Future Food: Ein exotischer Kochkurs auf Laos
Die Laoten essen nach wie vor sehr gern einiges, was für Europäer eher gewöhnungsbedürftig ist. Einen ersten Eindruck, was einem am Abend blühen könnte, gibt es bereits auf dem Morgenmarkt von Luang Prabang. An den Ständen der Bauern und Händler aus der ländlichen Umgebung gibt es schließlich nicht nur viel Gemüse und gängiges Fleisch vom Büffel bis zu Schwein oder Geflügel. Dazwischen tauchen immer wieder Zutaten – ob tot oder lebendig – auf, die einen schaudern lassen: Ratten und erschlagene Nager mit gelben Zähnen. Frösche, Käfer und Insekten. Eichhörnchen, Motten und Meerschweinchen.
„In Laos wird alles gegessen, selbst Spinnen, die zur Regensaison in den Reisfeldern gefangen und ganz gekocht werden – Kakerlaken allerdings nicht, denn die schmecken nicht“, sagt Koch Joy Ngeuamboupha von der „Tamarind Cooking School“, dessen gleichnamiges Restaurant zu den feineren Adressen mit laotischer Küche in der Stadt gehört. Bis in die 1990er-Jahre sei das aufgrund der Armut und Lebensmittelknappheit ganz normal gewesen.
Seitdem sich Laos anderen Ländern geöffnet hat, kommen überwiegend „normale“ Fleischsorten auf den Tisch. Vor allem auf dem Land würden bis heute gern Insekten gegessen – so wie heute Abend in seinem Kochkurs, einem Abenteuer jenseits der üblichen Touristenpfade, auf denen man sich in der ehemaligen Königsstadt sonst zwischen Palast, Almosen-Zeremonie der Mönche und dem Sundowner am Mekong-Ufer bewegt.
Nach der Ankunft in der Kochschule sind die ersten Eindrücke noch harmlos und außerordentlich köstlich. Denn die anderen Gäste, deren Kurs bereits angefangen hat, sind mit der Zubereitung von ganz gängigen Gerichten beschäftigt: Gedämpfter Fisch in Bananenblättern ist dabei. Salat von grüner Papaya. Dazu natürlich der Klebreis, der als sehr sättigende Beilage immer dazugehört. Während all das ein köstliches Menü verspricht, geht es beim Workshop an der benachbarten Kochstation um die Seite der laotischen Küche, die selbst kulinarisch weltgewandten Reisenden einiges abverlangt.
Bei der Extrem-Kochstunde stehen daher ungeahnte Gerichte auf dem Menü: Jeow, ein Chili-Dip, der für die Grashüpfer gebraucht wird. Koy Mot Soom, ein Ameiseneiersalat. Und Mok, bei dem Aal oder Kröten in Bananenblattpäckchen landen und gedünstet werden. Die kleinen, schleimigen Aale würden dafür mit hochprozentigem Lao-Lao-Whisky, eigentlich ein Schnaps aus Klebreis, betrunken gemacht, betäubt, aufgeschnitten und gekocht. Doch die Wahl fällt auf die andere Schüssel, die mit Frischhaltefolie bedeckt ist. Darin: zwei dicke, fette, dunkelgrüne Kröten. „Vorhin haben sie noch im Reisfeld gehockt“, sagt Joy. Jetzt allerdings sind sie ohne jede Aussicht auf Freispruch völlig unschuldig zum Tode durch Gekochtwerden verurteilt.
Holzhammertaktik
Zur Vollstreckung reicht der Koch einen Holzhammer rüber. Die Anspannung beim Vollstrecker wächst. Röte steigt ins Gesicht. Das Herz schlägt schneller. Festhalten und einfach mit dem Holzhammer auf den Kopf hauen? „Genau, aber fest genug.“ Also erst ein dumpfer Schlag. Der reicht aber nicht. Also noch einer. Und noch einer. Schließlich ist ein letzter Krötenkeucher zu hören, dann streckt das Tier alle viere von sich und wird ausgenommen. Die Innereien werden im Mörser verarbeitet und dann mit dem Fleisch und unter anderem Zitronengras und Frühlingszwiebeln in Bananenblätter gepackt, um darin gedämpft zu werden. Jeder Jäger, jeder Bauer wäre wahrscheinlich gänzlich ungerührt von dieser Situation, zwei Kröten das Leben auszuhauchen. Zum ersten Mal ein auch noch so kleines Lebewesen zu töten, wühlt den europäischen Kochlaien trotzdem auf.
Die kann man auch so essen – sehr ameisig schmecken die, bitter und säuerlich.
Bei den anderen Gerichten verschwindet die Aufregungsröte wieder etwas. Die Ameisen, die in ihren Nestern mit den Eiern vom Baum geschüttelt und in einem Korb aufgefangen werden, landen im Wasser. „Dann schlafen sie“, sagt Joy und greift sich ein paar. „Die kann man auch so essen – sehr ameisig schmecken die, bitter und säuerlich.“ Sie seien aber auch sehr gesund, weil sie wenig Fett, dafür aber viele Proteine hätten. Heute landen sie unter anderem mit Bohnen, Bananenblüten, Minze, Schalotten und Koriander im Salat.
Die Zubereitung der Heuschrecken ist noch einfacher: Sie landen abwechselnd mit Chilischoten aufgefädelt auf einem Spieß und dann auf dem Grill, bevor die Paste mit Chili und Knoblauch gemacht wird. Zum großen Finale des Abends wird das Dinner serviert – mit versteckter Dschungelprüfung am elegant gedeckten Tisch. Alles, was gekocht wurde, wird dabei zumindest probiert. Die Krötenhappen erinnern an Hühnerfleisch. Die Heuschrecken sind in Kombination mit Chili-Paste und Klebreis nicht trocken und mehlig, sondern würzig. Der Ameisensalat schmeckt frisch. Am Ende ist der Magen trotzdem längst nicht so voll, wie er nach dem Kurs an der benachbarten Kochstation wohl gewesen wäre. Der Kopf aber ist um eine unvergessliche Erfahrung reicher.
Laotischer Ameiseneiersalat
Vorbereitung: 5 min
Zubereitung: 10 min
Portionen: 2–3
3 rote oder grüne Chili (Bird Eyes)
3 Frühlingszwiebeln
Koriander eine Handvoll
60 g Minze
2 Knoblauchzehen
2 Schalotten
15 g Zitronengras
2–3 Blätter langer Koriander
50 g Eier von Weberameisen
15 g Salz
Saft einer Limette
15 ml Fischsauce
15 g Klebreisemehl
15 g Chilipulver
Salatblätter
- Alle Kräuter, das Gemüse und die Gewürze sehr fein hacken
- Gehacktes in eine Schüssel geben – zusammen mit Ameiseneiern, Salz, Limettensaft, Fischsauce, Klebreismehl und Chilipulver. Schüssel ordentlich schütteln und alle Zutaten vermischen
- Auf Salatblättern anrichten. Den Ameisensalat kann man auch gut mit laotischem Klebreis essen
- Tipp: Wer doch lieber auf die Ameisen verzichten will, kann sie durch Fisch, Huhn oder Fleisch ersetzen
Anreise
Ab Wien fliegt z.B. Etihad Airways (zwei Zwischen- stopps) nach Luang Prabang,
etihad.com
Kochkurs
Im Tamarind-Restaurant kann man traditionelle Gerichte selbst zubereiten – oder lernen, wie Laoten ungewöhnliche Zutaten wie Ameisen und Frösche verarbeiten (ab 30 Dollar p. P.), tamarindlaos.com
Tipp
Luang Prabang ist auch Ausgangspunkt für Mekong-Kreuzfahrten in Richtung Thailand oder zur Hauptstadt Vientiane. Der Veranstalter Lernidee hat unterschiedliche Angebote, auch mit Flügen ab Österreich. Lernidee ist auch auf der Ferien-Messe 2023 mit einem Stand vertreten, lernidee.de/mekong
Allgemeine Infos
tourismlaos.org
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