Auf Flohmärkten die Welt retten

Auf Flohmärkten die Welt retten
Beim Stöbern in Secondhand-Shops geht es nicht nur um Schnäppchen, sondern um Nachhaltigkeit

In die Küche von Daniela Kaminski kommen nur Holzlöffel und -bretter – falls sie kaputtgehen, landen sie im Ofen. Bevor die Marketingberaterin aus Telgte bei Münster etwas kauft, überlegt sie, was damit geschieht, wenn es unbrauchbar wird. Sie hält ihren Haushalt von Plastik frei und nutzt gebrauchte Gegenstände. Secondhand ist für sie zum Lebenskonzept geworden. Und auch für andere. Wer früher auf Flohmärkten oder in Läden zwischen gebrauchtem Geschirr, Elektrogeräten und Taschen stöberte, tat dies aus Geldmangel oder ökologischen Gründen. Heute sind die Motive vielschichtiger.

Imagewandel

Kaminski, die 1986 ein Geschäft mit benutztem Kinderspielzeug eröffnete und vor 15 Jahren den Verein "Second-Hand vernetzt" mitgründete, beobachtet einen Image-Wandel. Darüber sprach sie auch bei der ersten österreichischen Secondhand-Tagung der Umweltberatung Wien. "Es ist nicht mehr so moraltriefend wie früher oder zu Beginn der Ökobewegung. Gebrauchte Textilien oder andere Gegenstände zu verkaufen, wird oft mit einem Event verbunden. Das macht Spaß und vermittelt eine gewisse Leichtigkeit." Bei Kleidertauschpartys bringen die Teilnehmer ausrangierte, gut erhaltene Garderobe und verkaufen sie. Dazu gibt’s Kaffee und Kuchen.

Sammler und Jäger

Die Menschen, die sich für Ware aus zweiter Hand interessieren, sind so vielschichtig wie das Angebot: "Es gibt Sammler und Jäger, die nach bestimmten Dingen suchen, oder jene, die sich einkleiden und ihr Mobiliar bestücken wollen." Und es gibt die Kreativ-Szene: Jene, die Gegenstände upcyclen – so umbauen, dass sie anders verwendet werden –, suchen nach Material für ihre Ideen.

In Zeiten, wo sich Innenstadt-Geschäfte von Island bis Italien kaum noch unterscheiden, suchen Konsumenten nach Abwechslung: "Secondhand wird von vielen als Einkaufserlebnis gesehen. Sie stöbern, bummeln zweckfrei und lassen sich überraschen." Auch optisch haben sich einige Geschäfte von dunklen Ramschläden zu kleinen Boutiquen gewandelt. "Damit ist es mit Diskriminierung und Nase rümpfen vorbei. Es können auch jene gelassener dort einkaufen, die es tun müssen." Für Daniela Kaminski hat sich der Blick aufs Kaufen längst verändert: "Wenn man anfängt, Secondhand zu denken, fällt es einem schwer zu sagen, ich kaufe was und werfe es nach drei Mal Benützen weg." Geht es nach ihr, soll der Secondhand-Gedanke noch mehr verändern: "Gerät die Produktion von Gebrauchsgegenständen unter Druck, muss sie mehr Qualität liefern, auf Nachhaltigkeit setzen und reparaturfreundliche Produkte produzieren. Da sehe ich die Zukunft."

Carla NordAuf 4000 Quadratmetern werden in der Steinheilgasse 2 im 21. Bezirk Möbel, Bücher, Hausrat sowie Antiquitäten angeboten. In der hauseigenen Tischlerei werden Möbel upgecycelt und wieder verkauft. Für Bastler gibt’s sogar Gebrauchtwagen. Gratis Kleiderausgabe finden Sie in der Filiale Carla Mittersteig im 5. Bezirk. www.carla-wien.at

48er-BasarIn der Stadlauerstraße 41a im 22. Bezirk werden gut erhaltene Altwaren angeboten, die Menschen auf den 18 Mistplätzen der MA48 entsorgen. Besonders beliebt: Textilien und Bücher. Zirka 70.000 Menschen kommen im Jahr, um zwischen Fahrrädern, Geschirr-Sets, DVD-Player und Möbeln zu stöbern. Infos: www.wien.gv.at/umwelt/ma48/

AfB social & green ITGebrauchte PCs, Laptops und Drucker werden hier geprüft, repariert, neu aufgesetzt und wieder (günstig) verkauft. Afb (Arbeit für Menschen mit Behinderung) bietet Menschen mit Handicap einen Arbeitsplatz. In der Zentrale in der Jochen-Rindt-Straße 1 im 23. Bezirk ist ein Team von IT-Kennern damit beschäftigt, Daten von Rechnern zu löschen und Drucker zu testen – einige von ihnen sind psychisch krank, sie werden von REiNTEGRA betreut. Verkauft wird vor Ort oder im Onlineshop: www.afbshop.at

Weitere Online-Adressen: Tipps für nachhaltiges Einkaufen: www.umweltberatung.at; Suchmaschine für Reparaturbetriebe unter: www.reparaturnetzwerk.at

Kommentare