Erhöhte Familienbeihilfe streichen: Wo Politik Menschen behindert

Erhöhte Familienbeihilfe streichen: Wo Politik Menschen behindert
Reality-Check: Die Streichung der erhöhten Familienbeihilfe bremst einen Achtjährigen und seine Mutter.

Er kann jetzt schon ein paar Sekunden ohne fremde Hilfe und ohne Anhalten stehen. Und er schnellt wie der Blitz aus seinem Rollstuhl. Nach zwei Wochen Therapie in der Slowakei, die von der Spendenplattform DANK DIR (siehe Bericht rechts) ermöglicht wurden, befindet sich der Bub auf einem guten Weg.

Mit Geschick landet er heute auf dem Wohnzimmerboden. Sein Name ist Luca. Und er führt den Kampf gegen den spastischen Krampf in seinen Oberschenkeln mit schier unbändiger Energie.

Erhöhte Familienbeihilfe streichen: Wo Politik Menschen behindert

Ein Schritt zurück

Seine Mutter, eine Alleinerzieherin in der südsteirischen Bezirkshauptstadt Leibnitz, ist weniger energiegeladen. Auch sie hat von der Ankündigung der Bundesregierung gehört: Demnach soll die erhöhte Familienbeihilfe für Kinder mit Behinderung ganz gestrichen werden.

„In unserem Fall wären das 155 Euro weniger“, rechnet die Frau vor. Schon bisher blieben ihr für ihre zwei Kinder und für sich weniger als 1000 Euro monatlich zum Leben. „Das ist ein großer Einschnitt für uns.“

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Und ein Schritt zurück in der körperlichen Entwicklung ihres Sohns: Begeistert hatten sich zuletzt die Therapeuten im Reha-Zentrum in der Slowakei über den jungen Mann aus Leibnitz geäußert. Weil er dort täglich so hart trainiert hat wie der bekannteste Leibnitzer: Ex-Tennis-Ass Thomas Muster.

Seine Mutter und seine ältere Schwester unterstützen ihn und sprechen ihm Mut zu. Tag für Tag. Wann immer sie können. Nur das Geld stoppt seine Erfolg versprechende Entwicklung. Mit weniger als einem Tausender auf dem Konto kann ein Monat für die dreiköpfige Familie sehr lang werden. Und da redet man noch nicht von einem neuen Rollstuhl oder dringend nötigen krampflösenden Massagen oder Muskelaufbau-Therapien für Luca. Seine Mutter jammert nicht, sagt nur: „Wenn es gegen Monatsende wieder eng wird, muss ich noch mehr sparen.“ Immer spart sie erst bei sich.

Sie haben keine Lobby

30.000 Kinder leben in Österreich mit einer schweren Behinderung. Sie und ihre Eltern hätten viel zum Thema Inklusion zu sagen, doch es hört ihnen kaum jemand zu. Sie haben in diesem Land keine Lobby. Immerhin gibt es Menschen, denen einer wie Luca nicht egal ist. Einige haben Geld zusammengelegt. Dank ihnen bzw. dank der Plattform DANK DIR waren am Ende knapp 4000 Euro beinander, und Luca konnte mit dem privaten Zuschuss zwei Wochen lang in der Slowakei mehr tun als das ganze Jahr über in Leibnitz.

Sein Rumpf ist jetzt deutlich stabiler. Der Achtjährige ist dem großen Ziel ein kleines Stück näher gekommen. Seine Mutter schiebt ihn auch heute mit dem Rollstuhl zum Spielplatz, wo sie ihm bei seinen Übungen hilft. Sie erzählt dann, dass ihr monatliches Einkommen in den vergangenen Jahren nicht erst einmal gekürzt wurde. Trotz der vielen Barrieren bleibt sie kämpferisch: „Wir wollen ihn gehen sehen.“

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Weitere Therapien wären hilfreich. Lucas Mutter weiß das natürlich. Erschöpft sagt sie: „Ich komme mir aber auf den Ämtern vor wie eine Bettlerin.“ Manchmal ist sie der Verzweiflung nahe. Ein Wunder? Selbst gönnt sich die bald 50-Jährige wenig, und doch denkt sie sich oft, dass es zu wenig ist. Ein bisserl mehr Würde, das wünschen sich Menschen wie diese bescheidende Frau. Und auch ein bisserl mehr Respekt von den Politikern.

DANK DIR-Mitbegründer Christoph Schwedler bietet ihr mehrfach an, noch einmal einen Antrag für eine Therapie in der Slowakei zu stellen. Sein Angebot möchte sie vorerst nicht annehmen. Bemerkenswert ihre Begründung: „Es gibt auch andere Kinder, die so eine Therapie dringend benötigen.“

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