Eineinhalb Welten sind nicht genug
Augustin Akantambira lebt mit und von den gefährdeten Berggorillas im Grenzgebiet von Uganda, Ruanda und DR Kongo. Das war nicht immer so. Der junge Mann ist weder Biologe noch Ranger. Akantambira verkauft geschnitzte Reliefs mit Gorilla-Motiven im Bwindi-Regenwald-Nationalpark.
"Früher gab es keine Verbindung zwischen Nationalpark und den Menschen in de Region. Das hat sich total verändert. Heute verstehen sie, dass der Park wichtig ist, dass sie direkt vom Tourismus profitieren – und daher respektieren sie die Gorillas." Das sagt Patience Dusabimana, Touristenführer im Vulkan-Nationalpark in Ruanda, der immer mehr Öko-Touristen aus aller Welt anlockt.
Auch solche positiven Geschichten erzählt der sonst in seiner Analyse vernichtende Living Planet Report des WWF. Dank intensiver Schutzbemühungen ist die Zahl der Gorillas in den vergangenen Jahren um 30 Prozent gestiegen, als Einzige unter den Menschenaffen. Generell ist die Artenvielfalt aber eines der auffälligsten Opfer des Raubbaus an der Natur. Seit 1970 hat sich die Zahl der Tierpopulationen auf der Erde mehr als halbiert.
Der WWF fordert, dass mindestens zehn Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Heute sind es nicht einmal ein Prozent.
Befeuert wird der Niedergang der Biodiversität vom verschwenderischen Lebensstil des Nordens und den aufstrebenden Schwellenländer. Wir verbrauchen derzeit die Ressourcen (Wasser, CO2, Nährstoffe) von 1,5 Planeten, in einzelnen Ländern sogar ein Vielfaches davon. "Wir fällen Bäume schneller als sie nachwachsen, fischen Ozeane leer und produzieren doppelt so viel Kohlendioxid, als die Atmosphäre, die Wälder und die Ozeane zusammen aufnehmen", erklärt Barbara Tauscher vom WWF. Würden alle Menschen so leben wie die Österreicher bräuchte die Menschheit statistisch 3,1 Planeten um die Bedürfnisse aller Menschen abzudecken. Hauptgründe für diesen überdimensionalen ökologischen Fußabdruck sind im Fall Österreichs die Freisetzung von Kohlendioxid durch den Verkehr, gefolgt vom landwirtschaftlichen Anbau.
Das Stickstoff-Problem
Wegen des einsetzenden Klimawandels wurde erstmals der "Stickstoffkreislauf" im Living Planet Report ’14 berücksichtigt, der vor allem durch den Einsatz von synthetischem Stickstoff in der Landwirtschaft zum Problem wird. Überdüngte Boden setzt mehr Lachgas frei – ein 200-mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Der Stickstoff-Fußabdruck ist in Nordamerika am größten, zurückzuführen auf den dort immer noch steigenden Fleischkonsum.
Der WWF-Bericht zeigt Alternativen zum Einsatz künstlicher Stickstoffdünger auf: Bäuerinnen aus Tansania bauen auf ihren Feldern Straucherbsen an, eine Hülsenfrucht (Leguminose). Für den Aufbau von Bodenfruchtbarkeit sind Leguminosen besonders wertvoll. Sie erzeugen Biomasse und binden beträchtliche Mengen an Luftstickstoff. In Europa werden Leguminosen aktuell nur noch auf drei Prozent der Agrarflächen angebaut. "Die Wende ist in den reichen Ländern nur durch Bewusstseinsbildung zu schaffen", sagt Tauscher.
Eine Herkules-Arbeit. Denn fast 70 Prozent des brasilianischen Soja-Anbaus gehen derzeit nach Europa und werden dort als Kraftfutter für die Massentierhaltung verwendet. "Wenn wir es schaffen, das Essverhalten bei uns zu ändern, verändern wir auch etwas auf anderen Kontinenten wie Südamerika."
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