Heute schon gelacht?

Kinder lachen bis zu 400 Mal am Tag, Erwachsene nur 15-Mal
Wie Humor bei Demenz und Schmerzen hilft und warum sich Menschen vorm Lachen ängstigen.

Ein Nilpferd, das auf einem Feigenbaum sitzt, und Mäuse, die als Priester und Götter verkleidet sind – diese antiken Hieroglyphen gelten als Vorgänger der modernen Cartoons. Sogar die alten Ägypter hatten schon Sinn für Humor: Das wollen Wissenschaftler der Universität Bonn mit den in Stein gemeißelten Darstellungen belegen. Angeblich haben die Menschen im Altertum genauso häufig und lebhaft gelacht wie heute.

Wenn Menschen lachen, dann drücken sie ihre Freude aus und sind damit in der Lage, Konflikte zu entschärfen. Sogar Babys können lachen – es ist eine angeborene Verhaltensweise, eine Form der nonverbalen Kommunikation – in allen Kulturformen. Seit den 1970er- Jahren beschäftigen sich Forscher mit den positiven Effekten von Lachen und Humor. Auch Sigmund Freud war sich über dessen Bedeutung bewusst. Jahrzehnte zuvor bezeichnete er Humor als positive, psychische Abwehrleistung, die eine erstrebenswerte Form der Lebensbewältigung ermöglicht.

Ähnlich sieht es Willibald Ruch. Der gebürtige Kärntner lehrt am psychologischen Institut der Universität Zürich und erkundet die Anwendungsmöglichkeiten von Humor und Lachen. "Humor ist wichtig für die Erforschung der Persönlichkeit, den Umgang mit Stress, Schmerzen und Gesundheit."

Heute schon gelacht?
Clowns react during a church service in memory of Joseph Grimaldi at Holy Trinity Church in Dalston, east London February 2, 2014. The church holds an annual February clown service in memory of Britain's best loved clown, Joseph Grimaldi, who lived from 1778 to 1837. REUTERS/Neil Hall (BRITAIN - Tags: SOCIETY ANNIVERSARY)

Bei Demenzpatienten wirkt Lachen etwa wie positiv aktivierende Medizin. In einer Studie fand Ruch heraus, dass Humor – vor allem jener durch Clowns – Menschen hilft, die an Demenz erkrankt sind. "Sie erreichen die Menschen mit ihrer tollpatschigen Art auf der Gefühlsebene. Die Patienten sind erheitert und können mit dem Clown mitfühlen, der genau wie sie Schwächen hat." Obwohl Demenzkranke ihre Sprach- und Verständnisfähigkeit oft verlieren und bestimmte Gehirnareale beschädigt sind, bleibt ihnen die Fähigkeit für Humor.

Gegen den Schmerz lachen

Wer lacht, spürt weniger Schmerzen. Es ist erwiesen, dass Menschen nach chirurgischen Eingriffen schneller genesen, wenn sie lachen. Ähnliches konnte Willibald Ruch mittels Versuch nachweisen. Studienteilnehmer, die einen lustigen Film sahen, verfügen später über eine höhere Schmerztoleranz. Sie mussten ihre Arme möglichst lange in Eiswasser halten. Wenn sie zum Lachen gebracht wurden, ertrugen sie die Kälte viel besser. Der Effekt hielt eine halbe Stunde an.

Für die positive Wirkung muss es allerdings ein echtes Lachen sein. Die Humorforschung unterscheidet zwischen mehr als zwanzig verschiedenen Arten des Lachens und Lächelns. Pure Freude zeigt sich, wenn beim Lachen die Mundwinkel nach oben gezogen werden und die Krähenfüße sichtbar sind. Wie das Gehirn solche Lachsignale verarbeitet, wurde von Tübinger Forschern analysiert. Dirk Wildgruber, Psychiater, erklärt: "Lachen ist in der sozialen Interaktion ein sehr starkes Signal. Wenn man freudig angelacht wird, fühlt man sich aufgenommen. Wenn man Opfer eines höhnischen Lachens wird, fühlt man sich ausgeschlossen."

Von Mythen wie "Man hat Humor oder nicht" hält Willibald Ruch nicht viel. Er fand sogar heraus, dass sich Humor trainieren lässt. Eine Studie mit 100 Teilnehmern zeigte, dass sich nicht nur die Humorfähigkeit der Teilnehmer durch ein achtwöchiges Humortrainingsprogramm erhöhte, sondern auch die Lebenszufriedenheit anstieg." Diese war auch nach zwei Monaten in einer Nacherhebung noch erhöht", sagt Ruch.

Angst vorm Lachen

Ein weit unterschätztes Problem ist die krankhafte Angst vor dem Lachen. Sogenannte "Gelotophobiker" verkrampfen sich, sobald sie jemand lächeln sehen. Sie fürchten sich davor, ausgelacht zu werden oder sich lächerlich zu machen. Rund elf Prozent der deutschen Bevölkerung sind davon betroffen. Willibald Ruch: "Gelotophobe Menschen tendieren dazu, dem unbeschwert Fröhlichen im Lachen misstrauisch gegenüber zu stehen. Für sie scheint jedes Lachen ein bösartiges Lachen zu sein, auch neckische, harmlos spielerische Situationen mit Lachen induzieren keine Freude, sondern Scham und Angst." Die gute Nachricht: Es gibt Hilfe. Eine Lachtherapie soll Betroffenen helfen, sich aus der Erstarrung zu lösen.

Hintergrund: Warum die Welt heute lacht

Der indische Arzt Madan Kataria, Gründer der Yoga-Lachbewegung, rief 1998 den „Weltlachtag“ ins Leben. Das gemeinsame Lachen soll Brüderlichkeit und Freundschaft symbolisieren. Seither versammeln sich jeden ersten Sonntag im Mai weltweit diverse Lachclubs und Lachvereine, um gemeinsam zu lachen. In manchen Ländern wie der Schweiz finden auch Paraden und Feste statt.

Eine ausführliche Grafik zum Thema Lachen finden Sie hier.

Für ein wissenschaftlich begleitetes Programm werden noch Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeden Alters (ab 18 Jahren) gesucht. Voraussetzungen sind die Bereitschaft, während einer Woche täglich rund 10 bis 15 Minuten Zeit zu investieren und schriftlich Fragen zum Wohlbefinden zu beantworten. Teilnehmende, die das komplette Programm abschliessen, erhalten eine individuelle Rückmeldung zu ihren Veränderungen im Verlauf der Teilnahme. Mehr Informationen unterwww.staerkentraining.ch

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