Das Erfolgsrezept der Hörspiele

Das Erfolgsrezept der Hörspiele
Hörbücher und -spiele boomen. Sie werden meist von Leseratten konsumiert – oft nebenbei.

Als Orson Wells 1938 stimmungsvoll aus Krieg der Welten vorlas, fürchtete manch New Yorker Radiohörer einen tatsächlichen Angriff der Außerirdischen. Der junge Schauspieler hatte die fiktive Reportage über die Invasion der Marsianer tags zuvor mit Musik unterlegen lassen – eine neue, verblüffende Art der Einspielung, die überregional für Aufregung sorgte. Das Hörspiel kam wie ein Life-Bericht daher.

Geschichten-Erzählen hat eine lange Tradition; weit über das elektronische Zeitalter hinaus. Jetzt blüht das Fabulieren im Audiobuch wieder auf.

Hörbücher sind das am schnellsten wachsende Segment in der digitalen Verlagsbranche. Für die USA schätzt die Audio Publishers Association einen Branchenumsatz von umgerechnet 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2017 und einen Zuwachs um knapp 23 Prozent gegenüber 2016. Der österreichische Markt wird vor allem von Deutschland bespielt.

Neuerscheinungen

„Die heimische Verlagslandschaft ist sehr klein. In Deutschland gibt es etwa 600 Verlage, in Österreich ist es eine Handvoll“, sagt Monika Röth von Audiamo. Der Hörbücher- und Hörspiele-Shop in der Wiener Kaiserstraße hat rund 10.000 verschiedene CDs in den Regalen – von Biografien über Lyrik, Sexy Stuff und Western bis zu russischen Märchen. „Zählt man die Hörbücher für Kinder mit, kommen an die 2000 Neuerscheinungen pro Jahr auf den deutschsprachigen Markt“, sagt die Branchenkennerin, selbst Hörspiel-Fan seit Kindertagen. Damals waren es freilich noch Kassetten, heute sind es moderne Speichermedien. Röth findest es „wunderschön, wenn eine passende Stimme, die Bilder, die sich beim Zuhören im Kopf entwickeln, weiterträgt“. Bücherwürmern ist genau diese Stimmung-Mache mitunter zuviel. Sie bleiben lieber beim Gedruckten und mit dem Autor und dessen Zeilen allein.

Erfolgsrezept

„Es muss eine gelungene Mischung aus Text, Interpret und Musik sein“, umreißt Kathrin Wohlmuth-Konrad vom Verlag Mandelbaum die Erfolgschancen einer CD. Der österreichische Verlag hat sich mit seinen Klangbüchern eine Nische in der Nische geschaffen. Von der Idee bis zum Verkauf einer Disc inklusive Booklet vergeht etwa ein Jahr. Die Produktion ist in wenigen Tagen erledigt, die Organisation dagegen dauert. Bekannte Stimmen sind viel beschäftigt.

Nebenbei

Sie finden oft nur nebenbei Gehör: Einer amerikanischen Studie zufolge schalten 65 Prozent der Hörbuch-Nützer den CD-Player während des Autofahrens ein. 52 Prozent lassen sich belesen in den Schlaf wiegen. 45 Prozent erledigen neben Krimi, Sachunterricht oder Romanze den Haushalt. Dabei eignen sich Hörbücher, in denen ein Erzähler den Text vorträgt, besser zur Berieselung, aufwendige Hörspiele mit verteilten Rollen und Geräuschkulisse verlangen oft die volle Aufmerksamkeit.

Nische

Das Publikum ist bunt wie das Angebot. Wer liest, spitzt auch gerne die Ohren. 83 Prozent der amerikanischen Hörbuch-Konsumenten blättern zudem regelmäßig Seiten um. „Es ist wie bei den Print-Büchern: zwischen zwölf und zwanzig Jahren ist eine Lücke“, kennt Röth die Hörbuch-Muffel. Sie ist überzeugt: „Der Markt verändert sich. Auch wenn die CD ein Auslaufmodell ist, für Hörbücher und -spiele wird es immer eine Nische geben.“

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