Billiger Kakao: Bitterer Nachgeschmack

Billiger Kakao: Bitterer Nachgeschmack
Wer dafür bezahlt, erklärt Hans-Peter Hutter von den „Ärztinnen und Ärzten für eine gesunde Umwelt“.

Schokolade wird gerne verspeist, mit mehr oder weniger schlechtem Gewissen – aber wegen der Kalorien. Die Katastrophenberichte von den Textilfabriken in Bangladesh haben der Weltöffentlichkeit die unmenschlichen Zustände der Billigtextil-Industrie vor Augen geführt. Nicht anders ergeht es den Menschen auf Kakaoplantagen. Hans-Peter Hutter war in Afrika und in der Dominikanischen Republik für Vorarbeiten zu einer Studie unterwegs, die sich mit der Gesundheit von Landarbeitern im konventionellen Landbau im Vergleich zum Biolandbau befassen wird.

Er berichtet von drastischen Missständen. Oft werden Pestizide ohne Schutzmaßnahmen, wie Brillen, Masken oder Handschuhe ausgebracht. Bei mehr als 30 Grad im Schatten und hoher Luftfeuchtigkeit sind solche Bekleidungsvorschriften quasi nicht umzusetzen. Oft sind Kinder auch dabei. Infolge der Anwendung von Spritzmitteln treten akute Symptome, wie Augen- und Hautreizungen oder Übelkeit auf. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen werden von den Menschen auf den Plantagen für einen Lohn von etwa fünf Euro für einen Zwölfstunden-Tag in Kauf genommen. Über chronische Folgen macht sich ohnehin niemand Gedanken, man lebt von der Hand in den Mund. Es kommen diverse bedenkliche Schädlingsbekämpfungsmittel zum Einsatz.

„Am häufigsten“, berichtet Hans-Peter Hutter, „bin ich auf das nervenschädigende Endosulfan gestoßen. Es wird nach wie vor auch Paraquat verwendet, das für Lungenschäden und Nervenschädigungen verantwortlich gemacht wird. In der EU ist es verboten. Und Glyphosat, das über seine hormonähnliche Wirkung die menschliche Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen kann.“ Die Pestizide befinden sich meist nicht mehr in den originalen Gebinden, daher ist es fraglich, ob Inhalt und Etikett übereinstimmen. „Oft ist das leider egal“, stellt Hutter fest, „da viele Landarbeiter ohnedies nicht lesen können oder die Angaben fremdsprachig sind.“ Leere Gebinde werden danach als Vorratsbehälter für Nahrungsmittel und Wasser verwendet, mit entprechenden Auswirkungen auf die Gesundheit.

Fair Trade-Siegel für Kakao

Die Bananen-und Kaffeeindustrie hat es vorgemacht, jetzt ziehen auch Kakao-Hersteller nach und bieten Produkte mit dem Fair Trade-Siegel an, das für faire Löhne- und Arbeitsbedingungen steht. NGOs (Nichtregierungsorganisationen) aus 16 EU-Ländern – in Österreich sind etwa „Südwind“ und „Greenpeace“ dabei – fordern in einer Petition: „Make Chocolate Fair!“ Es geht um existenzsichernde Löhne, damit Plantagenarbeiter ihre Kinder nicht mehr zur Arbeit schicken müssen. Rund 1,8 Millionen Kinder sind alleine in den klassischen afrikanischen Kakaoanbaugebieten in Plantagen tätig. Was der Konsument dagegen tun kann? „Schokolade und Kakao mit Fair-Trade-Siegel kaufen, auch wenn sie etwas teurer sind“, meint Hans-Peter Hutter, „und auf ein EU-Bio-Siegel achten.“ Damit die Schokolade keinen bitteren Nachgeschmack hat.

Kommentare