Baby im Thüringer Landtag: Abgeordnete muss Plenarsaal verlassen

Baby im Thüringer Landtag: Abgeordnete muss Plenarsaal verlassen
Die Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling wurde des Plenarsaals in Thüringen verwiesen – weil sie ihr Baby mitgebracht hatte.

Babys unerwünscht: Mit einem Verweis endete am Mittwoch eine Sitzung im Thüringer Landtag. Abgeordnete Madeleine musste den Plenarsaal verlassen, weil die Grünen-Politikerin ihr sechs Wochen altes Baby im Tragegestell mit ins Plenum genommen hatte. Das berichtet unter anderem der MDR.

Da andere Abgeordnete der Grünen und der Linken gegen den Beschluss intervenierten, wurde die Landtagssitzung für etwa eine halbe Stunde unterbrochen. Der Ältestenrat bekräftigte schließlich den Entscheid, Henfling durfte den Sitzungssaal mit ihrem Kind nicht mehr betreten.

"Ich will meine Pflicht wahrnehmen"

Henfling machte daraufhin via Facebook ihrem Ärger über den Ausschluss Luft. "Als Abgeordnete des Thüringer Landtages bin ich verpflichtet, an den Sitzungen des Landtages teilzunehmen. [...] Ich will also lediglich mein Recht und meine Pflicht wahrnehmen und zumindest an den Abstimmungen des Landtages teilnehmen. Dazu wird es nötig sein, dass ich ab und zu meinen sechs Wochen alten Sohn in den Plenarsaal mitnehme. Es geht also darum, ein paar Minuten mit ihm in den Plenarsaal zu gehen, um abzustimmen", schrieb sie.

Thüringens Landtagspräsident Christian Carius rechtfertigte die Entscheidung mit der Geschäftsordnung, die Mütter mit Kindern im Plenarsaal nicht vorsehe. Zudem würde er auch aus Kinderschutzerwägungen jedem Abgeordneten empfehlen, sich um eine Betreuung für sein Kind umzusehen, sagte Carius, der selbst Vater ist. Er schloss nicht aus, dass die Geschäftsordnung des Landtags unter diesem Aspekt künftig zur Diskussion stehen werde. Die bei Angestellten übliche Elternzeit gibt es für Abgeordnete nicht. Bisher gibt es auch keine Kinderbetreuung im Erfurter Landtag.

Bei Abstimmungen soll nun so verfahren werden, dass für die abwesende Grünen-Abgeordnete eine CDU-Abgeordnete auf ihre Stimmabgabe verzichtet, damit die Mehrheitsverhältnisse gewahrt bleiben.

Babys auf der Polit-Bühne

Über Politikerinnen, die ihre Neugeborenen zur Arbeit mitnehmen, wurde in der Vergangenheit des Öfteren diskutiert. Im April dieses Jahres hob etwa der US-Senat sein Baby-Verbot auf, nachdem Tammy Duckworth als erste Senatorin während der Amtszeit Mutter geworden war.

Im vergangenen Jahr hatte Larissa Waters, Senatorin der Australischen Grünen, als erste Frau ihr Kind im nationalen Parlament gestillt. Für Waters war das öffentliche Stillen ein persönlicher Meilenstein: Wie der Sydney Morning Herald damals berichtete, brachte sie 2016 einen Antrag zur Änderung der Hausordnung im Parlament ein. Diese sah eine Ausweitung der Rechte von Vätern und Müttern im Umgang mit ihren Kindern im Parlament vor. 2009 wurde Sarah Hanson-Young, ebenfalls Senatorin der Grünen Partei, noch des Saals verwiesen, als sie ihren elf Monate alten Sohn stillte.

Österreichs Parlamentsbaby

Vor 28 Jahren sorgte die ehemalige Grün-Politikerin Christine Heindl in Österreich für einen handfesten Skandal, als sie ihr Kind im Hohen Haus stillte. "Ich habe nicht bedacht, dass ich mit dem Stillen meines Kindes so einen Skandal verursachen würde", sagte Heindl 2010 rückblickend in einem Interview mit dem ORF. Sie sei zuerst überrascht und im Nachhinein froh gewesen, "weil damit eine Diskussion in Gang gesetzt wurde, was mit Frauen geschieht, die Kinder haben und politisch tätig sind."

Auch in anderen Teilen der Welt erregen stillende Politikerinnen immer wieder Aufsehen. 2016 wurde viel über die spanische Abgeordnete Carolina Bescansa berichtet, die ihren damals sieben Monate alten Sohn in die Plenarsitzung mitnahm. Auch in den sozialen Medien gab es zahlreiche Reaktionen: Viele begrüßten den offenen Umgang der Podemos-Politikerin, andere warfen ihr vor, es auf einen Showeffekt abgesehen zu haben.

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