Was man jetzt über die Kometen-Twins im Anflug wissen sollte
"Es war ein wirklich aufregender Moment", sagt Michael Kelley, Astronom an der Uni in Maryland, als er sich an den 21. Jänner des heutigen Jahres erinnert. "Ich studiere ja praktisch die ganze Zeit Kometen, habe aber nie gedacht, selbst einen entdecken zu können." Genau das ist jetzt aber passiert. An diesem Tag erspähte Kelly P/2016 BA14 im Pan-STARRS-Telescope in Hawaii. Als dann die Bahn des Schweifsterns berechnet war, stellte man zwei aufregende Dinge fest: P/2016 BA 14 wird der Erde so nahe kommen wie kein Komet seit 246 Jahren. Und seine Flugbahn – stellte der russische Astronom Denis Denisenko fest – ähnelt auffällig jener des Kometen 252P/LINEAR.
Letzterer ist ein Koloss von 230 m Durchmesser, der andere mit 100 m ebenfalls ein echter Brocken: Am Montag Abend rast 252P/LINEAR an uns vorbei. Dienstag Nacht folgt dann P/2016 BA14 in ähnlicher Laufbahn.
Handelt es sich gar um Zwillinge, um Teile eines einst größeren Kometen, der irgendwann irgendwo in den Tiefen des Alls auseinander gerissen wurde? Das wollen die Forscher jetzt mit allen Instrumenten, die ihnen zur Verfügung stehen, herausfinden, darunter das Hubble Space Telescope. Ein Spektral-Fingerabdruck der beiden Gaswolken könnte viel verraten. In den kommenden Tagen dürfte es durchaus Gelegenheit für Messungen geben, denn die Kometen werden nur einen Katzensprung von uns entfernt an der Erde vorbeirasen – im kosmischen Sinn (siehe Grafik oben).
Seit Beginn der astronomischen Aufzeichnungen gingen erst wenige Kometen derart auf Tuchfühlung mit der Erde. Einer war D/1770 L1 (Lexell), der 1770 fünfmal so groß wie der Mond am Himmel leuchtete. Er passierte die Erde in einem Abstand von gut 2 Millionen Kilometern. 1983 flog C/1983 H1 (IRAS-Araki-Alcock) in etwa 5 Millionen Kilometern Entfernung an uns vorbei. Dabei zeigte er sich als kreisförmige Wolke, etwa so groß wie der Vollmond. Und dann war da noch 55P/Tempel-Tuttle: Berechnungen ergaben, dass es dieser Komet war, der 1366 am dichtesten an der Erde vorbeirauschte – in weniger als 3,5 Millionen Kilometern Entfernung.
Für alle, die sich gerne ein bisschen fürchten möchten: Am Freitag, 13. April 2029, wird Komet Apophis in nur 30.000 Kilometern Entfernung die Erde passieren. Das ist für kosmische Verhältnisse dann doch extrem nah.
Zurück zu 252P/LINEAR
Astronomen spekulieren, dass er mit freiem Auge zu sehen sein könnte – allerdings nur auf der Südhalbkugel. Sie erwarten, dass er auf seinem Weg zur Sonne immer mehr aufleuchten und Gas aus seinem Kern sichtbar wird. Kelley: "Wenn uns ein Komet so nahe rückt, darf man schon ein wenig aufgeregt sein und die Gelegenheit nutzen zu lernen, was es zu lernen gibt."
P/2016 BA14 dagegen ist zu klein, um ihn mit einem Teleskop zu sehen, sagen Experten. Dennoch könnte das kosmische Ereignis auch für Laien zu einem wunderbaren Schauspiel werden: Regnen kleinste Teilchen der beiden Kometen und ihrer Schweife auf die Erde hinab, nehmen wir das – in wolkenlosen Nächten – als Sternschnuppen wahr. Die Zwillinge bescheren uns also womöglich ein Glitzern am Firmament, das bis Ende März zu sehen sein könnte.
Seit Jahrtausenden hat der Mensch plötzlich auftauchende Kometen als böses Omen kommenden Unglücks, von Kriegen und Katastrophen interpretiert, vereinzelt aber auch als Wunderzeichen. Chronisten sahen den Komet, der 1618 am Himmel zu sehen war, als Symbol des Dreißigjährigen Krieges.
Als einige Jahrzehnte später, zur Zeit der Pestwelle, gleich zwei Kometen erschienen, zweifelte kaum jemand an der göttlichen Mahnfunktion der Himmelskörper. Erst als Edmund Halley 1682 entdeckte, dass es sich bei Kometen um wiederkehrende Himmelskörper handeln kann, legte sich die Furcht etwas.
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