Arbeitsplätze mit Naturanschluss

Arbeitsplätze mit Naturanschluss
Repräsentativ oder mit Gemüseacker vor dem Büro – immer mehr Unternehmer setzen auf Gärten.

Es herrschte Urlaubsstimmung, wenn man das ungewöhnliche Büro im schwäbischen Tübingen betrat. Durch die vielen Pflanzen wurde man spontan an einen Urwald erinnert. Das ungewöhnliche Büro lag in einem Glashaus auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei. Es war wohl das Erste in einem solchen Ambiente, sicher aber das Einzige, das später einen bestimmten Typ von Architektur massiv beeinflusst hat: ökologisches Bauen.

Ein interdisziplinäres Team um den Architekten Dieter Schempp begann sich in den frühen 70er-Jahren den Traum vom neuen Wohnen und Arbeiten zu erfüllen. Die Energiekrise und das Bewusstsein von der Verknappung der Ressourcen hatten die Gruppe auf den Weg zurück zur Natur geführt. In der Folge wurde LOG ID zum Spezialisten für alles, was ein enges Zusammenleben von Mensch und Pflanze betraf. Sonnenlicht und Regen, der Wechsel der Tages-und der Jahreszeiten sollten vom Glashaus aus unmittelbar erlebbar sein. Und das ganz ohne Abstriche bei den Annehmlichkeiten der Zivilisation.

Die „Pflanzensolararchitektur“, die aus den Erfahrungen und Experimenten im Glashaus hervorgegangen ist, findet man heute nicht nur im privaten Wohnbau, sondern auch bei Bürogebäuden, wie zum Beispiel dem der BGW, einem Amtsgebäude in Dresden..

Ein Drittel, oft die Hälfte der Baumasse nimmt stets das Glashaus ein. Der Sauerstoffgehalt der Luft liegt darin deutlich höher als in den anderen Räumen – sogar höher als in der freien Natur. Selbst nachts, wenn die Sauerstoffproduktion der Pflanzen ruht.

Werkshalle und Gemüsebeet

Inzwischen ist die positive Wirkung von Pflanzen für Körper und Psyche vielfach belegt und Standardwissen. Viel Grün am Arbeitsplatz verbessert das Raum- und zugleich das Betriebsklima. Das gilt natürlich nicht nur im Büro. „Ferrari“ liefert ein zukunftsweisendes Modellbeispiel aus seiner Fabrikation. Die 4000 Automobile, die jährlich im Stammhaus in Maranello vom Fließband gehen, werden in begrünten Werkshallen zusammengebaut. Aber nicht nur im Innenraum, auch rund um das Gebäude werden Pflanzen und Natur zunehmend als wirtschaftlicher und sozialer Mehrwert wahrgenommen.

Betriebsgärten sind Visitenkarten des Unternehmens“, sagt Unternehmensberaterin und Gartenexpertin Elisabeth Plitzka bei einer Veranstaltung von Niederösterreichs Wirtschaftsagentur „ecoplus“ zum Thema „Unternehmen trifft Garten“.

Beim Hauptquartier des Büromöbelherstellers Bene in Waidhofen/Ybbs hat Landschaftsarchitekt Christian Winkler der Repräsentationsarchitektur von „Ortner und Ortner“ einen weitläufigen Freiraum mit einer Sitzlandschaft in der Natur hinzugesellt. „Chill and Glory“, Ausspannen und Repräsentieren, kennzeichnen diesen Arbeits- und Begegnungsort. Wer vom Schreibtisch aus dem Fenster blickt oder den Laptop mit nach draußen nimmt, kann den Wechsel der Jahreszeiten ganz nah mitverfolgen. Die gelb-roten Blüten des Ahorns im Frühling, das satte Grün der Blätter im Sommer und ihre Rotfärbung im Herbst.

Unternehmer Ernst Gugler vertreibt in seinem „Kommunikationshaus Gugler“ Druckprodukte, die nach dem „cradle to cradle“-Prinzip (jedes einzelne Detail ist recylingfähig) hergestellt werden. Konsequenterweise hat er auch das Firmengebäude und die zugehörigen Freiflächen nach ökologischen Kriterien errichten lassen. Mit begrünten Dächern, auf denen man Schnittlauch ernten kann, und Bio-Gemüsefeldern ein paar Schritte von der Kantinenküche entfernt. Mit den Gemüsekulturen wurde vor drei Jahren begonnen, damals hat man 15.000 Jungpflanzen gesetzt. Heute können 90 Prozent des Gemüsebedarfs können aus eigenem Anbau gedeckt werden. Punktuelle Überschüsse gehen an das Krankenhaus Melk. Wenn die Belegschaft will, kann sie mithelfen und auch selber ernten. „Hätte ich meine Mitarbeiter zuerst gefragt,“ meint Ernst Gugler, „hätten sie mein Konzept vielleicht abgelehnt. Jetzt sind sie überzeugt davon.“

Grün tut gut

Messbare Leistungen für das Mikroklima: Luftfeuchtigkeit. Temperaturausgleich. Beschattung. Luftreinigung-Staub-und Schadstoffbindung. Raumakustik-Lärmfilterung. Geräuschbindung. Sauerstoffproduktion.

Messbare Erholungsfähigkeit: Herzfrequenz. Blutdruck. Hautwiderstand. Schmerzempfinden. Medikamentenbedarf

Messbare Erhöhung der Konzentration: Geringere Fehlerhäufigkeit. Höhere Merkleistung

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