Donald Trump, der entzauberte Präsident
Blamage, Kapitulation, Fiasko, krachende Niederlage, traumatischer Rückschlag, eingeknickt, eingemauert – die Wortwahl, die in US-Medien Platz greift, um den Aggregatzustand der Präsidentschaft Donald Trumps nach seinem Kleinbeigeben im Streit um den Staatshaushalt zu charakterisieren, ist heftig wie selten. Noch nie hat Trump in den ersten Jahren seiner Amtszeit so hoch gepokert. Noch nie hat er so hoch verloren. Noch nie stand die Glaubwürdigkeit des New Yorker Geschäftsmanns, der Amerika Siege bis zum Abwinken – und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko – versprochen hat, so in Zweifel.
Nach dem gescheiterten Versuch, den Demokraten sechs Milliarden Dollar für sein Symbol-Projekt abzupressen, steht der Rechtspopulist mit leeren Händen da. Blendwerk-Rhetorik beiseite: Trump hat ohne jeden Geländegewinn einen Total-Rückzieher gemacht. Das vereinbarte Verfahren, das bis Mitte Februar im Kongress eine konsensuale Lösung von Demokraten und Republikanern für eine moderate Ertüchtigung der Grenze bringen soll, wäre so Mitte Dezember zu haben gewesen – bevor Trump den längsten „shutdown“ in der US-Geschichte vom Zaun brach, Teile der Bundesverwaltung lahmlegte und 800.000 Angestellte und deren Familien in Existenznot brachte.
Sicherheitsrisiko
Am Ende gefährdete der von Trump zu verantwortende Personalmangel vom Flugverkehr über die Bundespolizei bis zum Grenzschutz jene nationale Sicherheit, die er als das schützenswerteste Gut überhaupt bezeichnet.
Dagegen hat Nancy Pelosi, die listige Mehrheitsführerin der Opposition, vor Trumps Augen eine politische Mauer hochgezogen. Und der Präsident lief mehrfach blind hinein.Die Umfragen sind eindeutig: Die Mehrheit der Amerikaner hat dem Präsidenten das gebetsmühlenhafte Gerede von einer „nationalen Krise“ an der Grenze und der behaupteten Alternativlosigkeit eines Schutzwalls nie abgenommen. Dazu kommt: Trump und Mitglieder seines Kabinetts haben offen ihre fehlende Empathie für den Durchschnitts-Amerikaner gezeigt, der sich von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck hangelt. Die Behauptung, notleidende Staatsdiener könnten im Supermarkt „anschreiben lassen“, wirkte ebenso weltfremd wie die Empfehlung, zur Überbrückung einen Kredit aufzunehmen.
Zuletzt kündigten immer mehr Konservative dem Crash-Kurs des Präsidenten still die Gefolgschaft. „Noch einmal werden sie es mit Blick auf kommende Wahlen kaum zulassen, dass Trump den Staatsapparat als Geisel nimmt und das volkswirtschaftliche Wachstum abschneidet“, so Experten in US-Medien. Trumps Drohung, Mitte Februar erneut den Regierungsstillstand auszurufen, sei daher eine leere. „Er hat keine Druckmittel und kaum politischen Kredit mehr“, so der Büroleiter einer Senatorin zum KURIER.
Wie glühend der Zorn in rechtskonservativen Kreisen hingegen ist, zeigt der Kommentar der einflussreichen Agitatorin Ann Coulter. Sie bezeichnete Trump verklausuliert als „größten Schlappschwanz, der jemals als Präsident der USA gedient hat“.
Und auch die Andeutung Trumps, im Februar den Notstand auszurufen, um am Kongress vorbei Geld für die Mauer locker zu machen, wird in Regierungskreisen nicht für bare Münze genommen. Die Begründung eines Insiders: „Das würde einen verfassungsrechtlichen Krieg auslösen, der vor dem Obersten Gericht landet.
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