Königskinder vom Nil

Königskinder vom Nil
Schweizer Forscher entdeckten knapp 50 Mumien im Tal der Könige.

Man sollte meinen, im Tal der Könige gibt es keine Geheimnisse mehr: Seit mehr als 100 Jahren wird die Gräberstadt zahlreicher ägyptischer Pharaonen am Nil archäologisch erforscht. Ganz zu schweigen von unzähligen Grabräubern, die die Nekropole über Jahrhunderte hinweg systematisch geplündert haben.

Umso bemerkenswerter sind daher die aktuellen Funde von Forschern der Universität Basel. Sie entdeckten in einem Abschnitt nun Mumien von fast 50 Personen. Auf die Grabanlage mit der Kennzeichnung KV 40 (siehe rechts) hatte bisher nur eine Bodensenke hingedeutet. Unmittelbar daneben hatten die Schweizer erst 2012 das bis dahin völlig unbekannte KV 64 der Nehmes Bastet, einer hochangesehenen Tempelsängerin, entdeckt.

In KV 40 fanden wesentlich mehr Personen ihre – vermeintlich – ewige Ruhe. Anhand von Keramikgefäßen mit Inschriften wie "Königssohn" und "Königstochter" konnten bereits mehr als 30 Personen namentlich identifiziert werden, gaben die Universität Basel und das ägyptische Antikenministerium bekannt. Es handle sich zumeist um Familienmitglieder der beiden Pharaonen Thutmosis IV. und Amenhotep III. (auch bekannt als Amenophis III., Anm.) – aus der 18. Dynastie, die im 4. Jahrhundert vor Christus herrschte. Weiters fanden sich mindestens acht bisher unbekannte Königstöchter sowie vier Prinzen. Das Grab wurde vermutlich bereits mehrfach ausgeraubt, dennoch gab es zahlreiche Fragmente wie Sarg- und Stoffreste.

Die Regentschaft der 18. Dynastie gilt als ein "goldenes Zeitalter", sagt Univ.-Ass. Christian Knoblauch vom Institut für Ägyptologie an der Universität Wien. "Amenhotep III. war einer der produktivsten Pharaonen in der ägyptischen Geschichte." Übrigens, auch der berühmt gewordene Tutanchamun entstammte dieser Dynastie, er regierte aber erst zwei Generationen später.

Als ungewöhnlich interpretierte die Ägyptologin Susanne Bickel auch die Funde zahlreicher aufwendig mumifizierter Neugeborener und Kleinkinder, die sonst eher einfach bestattet wurden. "Wir vermuten, dass die Mitglieder des königlichen Haushalts über mehrere Jahrzehnte hinweg in diesem Grab beigesetzt wurden."

Privileg erforschen

Die Bedeutung dieses Fundes reicht noch viel weiter. Er erlaubt den Forschern detaillierte Einblicke in das soziale Gefüge der Pharaonenzeit. Denn die ewige Nähe zum Pharao war ein besonderes Privileg. Bickel: "In rund zwei Dritteln der Gräber im Tal sind keine Könige bestattet, aber weil diese unbeschriftet sind und stark beraubt wurden, konnten wir bisher meist nur Mutmaßungen anstellen."

Die moderne Forschung unterscheidet sich stark von jener früherer Jahrzehnte. Knoblauch: "Die Interessen und Methoden waren andere. Es wurde nicht systematisch ausgegraben, es ging vor allem um Sammlungen. Heute versuchen wir, diesen Menschen in gesellschaftlicher und sozialer Perspektive näherzukommen. Früher wären solche Funde wie der aktuelle möglicherweise uninteressant gewesen."

Lage

Das Areal zwischen Theben, Luxor und Karnak gilt als eine der bedeutendsten Nekropolen (Totenstadt) des alten Ägypten. Bisher wurden in dem berühmten Tal, das heute eine der wichtigsten Touristenziele Ägyptens ist, 64 Gräber entdeckt.

Kennzeichnung

Die Gräber werden seit 1827 mit KV (engl. Abkürzung von King’s Valley) gekennzeichnet und gehen auf John Gardner Wilkinson zurück. Das berühmteste Grab ist wohl KV 62, jenes von Tutanchamun. Weiters gibt es noch Gräber im West Valley (WV).

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