Die Jagd nach dem Grab der Nofretete hat begonnen

Der Archäologe Nicholas Reeves ist nach ersten Untersuchungen zu 60 Prozent sicher, dass Nofretete im Grab von Tutanchamun liegt.

Anfang der Woche im Tal der Könige in Luxor: Nicholas Reeves geht mit forschem Schritt Richtung KV 62 (King Valley 62, das Grab von Tutanchamun). Eben hat der britische Archäologe gemeinsam mit dem ägyptischen Antikenminister Mamdouh Eldamaty seine ersten Inspektionen beendet. Und sagt: "Ich bin zu 60 Prozent sicher, dass meine Theorie stimmt."

Nach dieser Theorie (der KURIER berichtete) war die komplette Grabanlage KV 62 ursprünglich für Nofretete gedacht. Die außergewöhnliche Frau sei nach dem Tod ihres Ehemannes, des "Ketzerkönigs" und ersten Monotheisten Echnaton, von Amarna nach Theben zurückgekehrt. Dort habe sie sich mit der Amun-Priesterschaft ausgesöhnt, den Polytheismus wieder erlaubt und Ägypten noch einige Jahre als König(-in) Smenchkare regiert. Als ihr mutmaßlicher Stiefsohn und Nachfolger, der 19-jährige Tutanchamun, überraschend starb, habe man hastig die beiden vorderen Kammern zu dessen Grab umgewidmet. Die hintere von Nofretete wurde dagegen abgetrennt, zugemauert – und ist seit 3300 Jahren ungestört.

Reeves Theorie ist so schlüssig, dass ihn der ägyptische Antiken-Minister eingeladen hat, sie vor Ort zu überprüfen, was er seit Montag tut. Jetzt wurden in einer Pressekonferenz in Kairo erste Ergebnisse und die weitere Vorgehensweise bekannt gegeben.

Was kommt

Die Felduntersuchungen hätten zwar noch nicht bestätigt, dass Nofretetes Krypta da unten liege, "ich habe aber auch nichts gefunden, was meine Meinung geändert hätte". Besonders genau hat Reeves die Decke des Grabes unter die Lupe genommen. "Die hat seit der Entdeckung von Tutanchamun im Jahre 1922 noch niemand untersucht", sagt er. Was er gesehen hat, bestärkt ihn in seiner These, dass sich hinter der nördlichen und westlichen Mauer etwas verbirgt.

Das Wandgemälde dort zeige auch nicht Tutanchamun und dessen Nachfolger Pharao Eje (so der derzeitige Forschungsstand, siehe Grafik oben), sondern Nofretete, die sich als Pharao Semenchkare nannte, und ihren Nachfolger Tutanchmun: "Der konkave Hals ist typisch für weibliche Darstellungen. Und die Mundwinkelfalten sind vor allem von den späten Porträts der Nofretete bekannt."

Andererseits habe der angebliche Eje die Gesichtszüge von Tutanchamun, als der ein Kind war. "Er ist ein Kind der Amarna-Zeit", ist Reeves überzeugt. Antikenminister Eldamaty, selbst Archäologe, ist es längst auch. Er spricht in einer Presseaussendung sogar davon, dass sich mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit weitere Kammern hinter den Wänden von Tutanchamuns Grab verstecken.

"Ich stimme mit Reeves überein, dass wir hinter der Wand etwas finden werden. Eine Grabkammer oder etwas anderes." Cornelius von Pilgrim, selbst ein ausgewiesener Nofretete-Experte, hat sich die Ausführungen des britischen Archäologen in Kairo angehört und sagt: "Ich setze die Wahrscheinlichkeit, dass er recht hat, sogar noch höher an."

In einem nächsten Schritt sind nun Radar- und Wärmebildaufnahmen geplant, gab Reeves bekannt. "Die sind im steinigen Gelände allerdings schwierig." Daher will er den besten Experten und ist bereits mit einem japanischen Archäologen im Gespräch. Er resümiert: "Wenn ich falsch liege, liege ich falsch. Aber wenn ich recht habe, wird das alles ändern."

Genaueres wird man wohl Ende November wissen: Dann, sagt Antikenminister Eldamaty, werde man die Ergebnisse der Radar-Scans der beiden Wände kennen. Und er bremst: "Selbst wenn wir verborgene Kammern finden, heißt das nicht, dass wir sofort zu graben beginnen können."

Die Jagd nach dem Grab der Nofretete hat begonnen

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