Advent, Chanukka und Diwali: Die erste Kerze verbindet
„Heute zünden wir die erste Kerze an.“ Das sagen Christen und meinen ihren Adventkranz. Das sagen Juden und reden von ihrem Chanukka-Leuchter. Beide Religionen rücken im Dezember Licht in den Mittelpunkt. Vor zwei Jahren fiel das jüdische Lichterfest, das sich nach dem Mondkalender richtet, sogar mit dem Heiligen Abend zusammen.
Das Ritual des Adventkranzes entstand vor rund 180 Jahren im evangelischen Norddeutschland, um Kinder auf das Weihnachtsfest und damit die Ankunft von Jesus Christus vorzubereiten. Jeden Sonntag wird eine Kerze mehr angezündet. Der runde Kranz steht für das Leben und die grüne Farbe für die Hoffnung. Bei den Kerzen gibt es unterschiedliche Farben und Traditionen: Ursprünglich waren 24 Kerzen auf dem Kranz, später wurden sie auf die vier Kerzen für die Sonntage reduziert. Beim weltgrößten Kranz in Mariazell gibt es noch immer eine Kerze für jeden Adventtag.
Auch bei Juden kommt an jedem Abend des achttägigen Festes eine Kerze dazu. Sie erinnern sich an ein Wunder vor 2000 Jahren. Als die kleine Kämpfertruppe um Judas Makkabäus das griechische Heer aus Jerusalem vertrieben hatte, fand sie im verwüsteten Tempel eine Kanne des speziellen Öls, mit dem die Priester täglich für die Flammen des Leuchters entzündeten. Die Menge würde nur einen Tag reichen, aber neues Öl wäre erst nach acht Tagen fertig. Durch ein Wunder brannte das Licht die ganze Zeit hindurch und gab dem Volk neuen Mut, so die Legende.
Nach dem Anführer und seiner heldenhaften Familie der Makkabäer ist der heutige Sportclub Maccabi benannt. Auf Facebook kursiert derzeit eine zeitgemäße Erklärung, wie man das damalige Chanukka-Wunder nachempfinden kann: „Stell dir vor, dein Handy hat nur noch zehn Prozent Akku. Aber es hält acht Tage lang – so lang, bis du es wieder aufladen kannst.“
Familientradition
Traditionell essen die Familien ölige Speisen wie Krapfen und Kartoffelpuffer – genannt Latkes – und spielen das traditionelle Kreisel-Spiel um Süßigkeiten. Die Chanukka-Lieder auf Hebräisch kennen alle Kinder. Sie werden oft gefragt, ob sie zu Weihnachten Geschenke bekommen. Nein, denn die meisten jüdischen Familien feiern nur Chanukka und nicht Weihnachten. Große Päckchen-Aktionen sind da nicht üblich, kleine Geschenke für die Kinder schon. Es gibt eine noch eine Geschenke-Tradition: Die Kinder bekommen Chanukka-Geld geschenkt, das sie für wohltätige Zwecke spenden. So wie zu Weihnachten ist Chanukka eine besondere Zeit der Nächstenliebe, in der man Bedürftige unterstützt und am Fest teilhaben lässt.
Die festliche Atmosphäre ist Teil des Chanukka-Konzepts: Die Kerzenleuchter werden beim Fenster aufgestellt, damit die anderen Menschen an ihrem Licht teilhaben können. Wer gerne das abendliche Kerzenzünden miterleben möchte, kann von 2. bis 9. Dezember ins Jüdische Museum gehen (außer am Schabbat, dem 8. Dezember, www.jmw.at). In einer Ausstellung über die berühmten Damen der jüdischen Vorkriegsgesellschaft und ihre Salons wurde auch die Geschichte des ersten Weihnachtsbaums in Wien erzählt. Als gebürtige Deutsche kannte Fanny von Arnstein den Brauch und stellte 1814 in ihrem Wohnzimmer, in dem häufig Künstler und Intellektuelle zu Besuch waren, einen geschmückten Tannenbaum auf.
Lichter in Indien
Noch ein Lichterfest wurde kürzlich gefeiert: Der Hindu-Feiertag Divali hat besonders in Indien große Bedeutung. Fünf Tage lang werden die Rituale durchgeführt. So schenken die Hindus einander Süßigkeiten, nehmen ihr rituelles Tauchbad, Geschwister versprechen, einander zu beschützen, und alle zünden unzählige Lichter zu Ehren ihrer Götter. Wie vor Weihnachten werden viele Häuser mit Lichterketten geschmückt. Weil Diwali gleichzeitig auch das Neujahr ist, geschieht dasselbe wie zu Silvester. Unzählige Feuerwerkskörper sorgen für Begeisterung und Kritik. Und alle Jahre wieder wird dort kritisiert, dass das Fest zu sehr kommerzialisiert wird.
Kommentare