Zürcher Kunstraub von 2008 aufgeklärt

Zürcher Kunstraub von 2008 aufgeklärt
Eine riesige Polizeiaktion mit 30 Ermittlern in sechs europäischen Ländern hatte dank verdeckter Fahnder und eines 2,8-Millionen-Euro-"Köders" Erfolg.

Ein spektakulärer Kunstraub vor vier Jahren in der Sammlung Bührle in Zürich ist vollständig aufgeklärt. Die letzten beiden der vier am 10. Februar 2008 geraubten Gemälde von Cezanne, Degas, van Gogh und Monet im Schätzwert von deutlich über 100 Millionen Euro wurden sichergestellt, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilte. Die vier mutmaßlichen Täter wurden am 11. April in Serbien verhaftet und sitzen in Untersuchungshaft.

   Bis zu 30 Ermittler in sechs europäischen Ländern, Fahnder mit erfundenen Identitäten und ein 2,8-Millionen-Euro-"Köder" waren nötig. Nach "äußerst anstrengenden Ermittlungen" konnte die Operation "Europe Prsluk (Weste)" erfolgreich abgeschlossen werden. Der verantwortliche Zürcher Staatsanwalt Roland Wolter sagte am Freitag vor den Medien, er sei "erleichtert, dass es sich schlussendlich gelohnt" habe. Das kostbarste der vier impressionistischen Bilder, das Gemälde "Der Junge in der roten Weste" von Cezanne, wurde erst bei der Festnahme sichergestellt. Das Bild "Graf Lepic und seine Töchter" des französischen Malers Edgar Degas fanden die Fahnder vor einigen Monaten in Serbien. Aus ermittlungstaktischen Gründen wurde dies nicht bekanntgegeben, bis auch das Cezanne-Bild wieder auftauchte. Beide Bilder sind leicht beschädigt, können aber repariert werden, wie Lukas Gloor, Direktor der Stiftung Sammlung E.G. Bührle, sagte.

"Schwerstkriminelle"

   Zentral bei dem ganzen "außergewöhnlichen und sehr spektakulären Fall", so Wolter, war Diskretion: Es gehe um internationale organisierte Kriminalität. Die Täter seien "Schwerstkriminelle", die vor Gewalt nicht zurückschreckten. Man habe bei ihnen hohe Geldbeträge und Waffen sichergestellt. Wolter und sein Team hatten ein richtiggehendes Drehbuch ausgearbeitet, das von der Zürcher Kantons- und Stadtpolizei "ausgezeichnet umgesetzt" worden sei, lobte der Staatsanwalt. Es seien alle möglichen Maßnahmen eingesetzt worden. Für das Cezanne-Bild habe man auch so genanntes "Vorzeigegeld" eingesetzt. Die serbischen Behörden hätten die Schweizer stets unterstützt.

   Einen Anhaltspunkt für die Suche nach den Kunsträubern erhielten die Ermittler aufgrund einer Spur im Fluchtauto. Von Zürich aus wurde ein internationales Netz von verdeckten Fahndern mit eigens erstellten Identitäten, sogenannten Legenden, gesponnen. Sie sollten mit den Verdächtigen in Kontakt treten, ihr Vertrauen gewinnen und mit ihnen - zum Schein - ins Geschäft kommen. Das war nicht einfach: Den Tätern war bewusst, dass sie "die Polizei in ganz Europa aufgescheucht hatten", und sie hätten deshalb sehr diskret agiert, seien vorsichtig und misstrauisch gewesen, sagte Wolter.

   Schließlich vermochten die verdeckten Fahnder die Kunsträuber so sehr in Sicherheit wiegen, dass sie ihnen gar mit dem Verkaufspreis entgegenkamen, erzählte Wolter: 2,8 Millionen Euro - für das 100-Millionen-Franken-Bild von Cezanne. Das Geld hatten der Bührle-Sammlung nahestehende Kunstliebhaber zur Verfügung gestellt. 1,4 Millionen Euro verlangten die Täter als Anzahlung. Dann wollten sie noch mal 0,4 Millionen, bevor sie mit dem Bild herausrückten. Die restliche Million schließlich sollten sie im Tausch gegen das Bild erhalten, das in einem Auto eingebaut war. Die vermeintlichen Geschäftsleute gingen auf alles ein. Und dann griff die serbische Polizei zu.

   Die vier mutmaßlichen Täter sind ein Mazedonier und drei Serben zwischen 36 und 39 Jahren. Das Strafverfahren wird von der serbischen nationalen Besonderen Staatsanwaltschaft für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität geführt. Das "Köder"-Geld ist laut dem Wolter zum größten Teil auch wieder zurück. Die noch fehlende Viertelmillion dürfte auch noch sichergestellt werden. Ansonsten könne man auf Vermögenswerte der Beschuldigten - zum Beispiel Liegenschaften - zurückgreifen. Zwei Bilder, "Blühende Kastanienzweige" von Vincent van Gogh und "Mohnblumen bei Vétheuil" von Claude Monet, hatte man bereits einige Tage nach dem Raubüberfall in einem Auto auf einem Parkplatz in Zürich gefunden.

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