Theaterkritik: Zombie-Apokalypse in Oberdöbling
Das richtige Aufsetzen des Mund-Nasen-Schutzes wird gleich als erste Szene ins Stück integriert: Unter dem Titel „Utopia – Schöne neue Welt(en)" lädt das Theater zum Fürchten zu einer szenischen Wanderung durch den ehemaligen Mödlinger Luftschutzstollen. Nicht nur Hitzeflüchtlinge – im Berg hat es zwölf Grad – werden diesen Ausflug in eine ungewisse Zukunft genießen: Dem Team um Intendant Bruno Max ist ein starkes, beeindruckendes Stück Theater gelungen.
Seit 1999 bespielt Max – er leitet auch das Theater Scala in Wien und die Mödlinger Bühne – das von den Nazis errichtete Tunnelsystem mit intelligenten, witzigen Text-Collagen. Man wird durch die Stollen und dabei von Szene zu Szene geführt. Roter Faden ist Aldous Huxleys dystopischer Roman „Schöne Neue Welt“, dazu gibt es andere literarische Texte, aber auch Fundstücke aus dem Internet.
Ein Höhepunkt: Bernie Feit in einer wunderbaren Parodie auf Matthias Horx, der feststellen muss, dass die Zukunft nicht ganz so aussieht, wie erwartet. Hinreißend ist auch die Szene, in der Wolfgang Lesky (bekannt als „Bauer“ aus dem Werbefernsehen) mit irrem Blick den „Hellseher“ Hanussen 2 darstellt, der in TV-Shows der Siebziger-Jahre hochgradigen Schwachsinn über die Zukunft voraussagte. Ebenfalls toll: Die Szene „Bereit sein ist alles!“, in der Sybille Kos und Florian Lebek auf Basis echter Tipps des amerikanischen Zivilschutzverbandes die Zombie-Apokalypse in Oberdöbling verhindern.
Fazit
Dem Theater zum Fürchten ist ein packender, gruseliger, gleichzeitig sehr komischer Theater-Streifzug geglückt, die 100 Minuten vergehen wie im Flug. Und obwohl die Inszenierung vor Corona geplant war, wirkt sie wie ein aktueller Kommentar zur Zeit. Man merkt den Schauspielern übrigens die Freude an, endlich wieder spielen zu dürfen.
Die auf dem Kinn zu befestigenden Gesichtsvisiere aus Plastik, die beim Eingang ausgeteilt werden, darf man übrigens behalten.
Kommentare