Zierhofer-Kin neuer Intendant der Wiener Festwochen
Die Wiener Festwochen haben einen neuen Intendanten. Wie der KURIER vorab berichtete, wird Tomas Zierhofer-Kin ab 2017 die Leitung von Markus Hinterhäuser übernehmen.
Das gab Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny am Mittwoch bei einer überraschend anberaumten Pressekonferenz bekannt. Der 46-Jährige war zuletzt Leiter des Donaufestivals in Krems.
"Das Donaufestival hat mich unter ihm beeindruckt", zeigte sich Mailath-Pokorny voll des Lobes für den gebürtigen Salzburger. "Er schafft es, zeitgenössischen Formen Öffentlichkeit zu geben." Er sei ein "Trendsetter", ein "Scout für neue Künstler".
Zierhofer-Kin wird ab der Saison 2017 auf Markus Hinterhäuser folgen, der die Leitung der Salzburger Festspiele übernimmt. Die beiden kennen sich, hatten schon beim „Zeitfluss“-Festival im Rahmen der Festspiele (1993 - 2001) zusammengearbeitet.
In einem ersten Statement zeigte sich Zierhofer-Kin überglücklich. Als Intendant wolle er "wesentliche Denker nach Wien holen, und Dialog initiieren." Die Festwochen hätten immer gesellschafts- wie kulturpolitische Aufgaben wahrgenommen und seien "haupt- und mitverantwortlich dafür, dass wir heute in einer der wesentlichen Kulturmetropolen leben", sagte Zierhofer-Kin. Das Festival habe "Frischluft" in die Stadt gebracht und immer wieder kulturelle Nischen geschlossen, etwa im Bereich der bildenden Kunst oder eines zeitgenössischen Opernbegriffs.
Der Posten des Festwochen-Chefs war zuletzt für drei Jahre ausgeschrieben gewesen. Zierhofer-Kin ist für fünf Jahre bestellt. Eine Verlängerung soll es nach Festwochenpräsident Rudolf Scholten definitiv nicht geben. Man wolle beim Prinzip der rascheren Intendantenwechsel bleiben, es habe sich jedoch ein Fünf-Jahres-Zeitraum als sinnvoller herausgestellt als ein Dreijahresvertrag, wie ihn etwa Markus Hinterhäuser derzeit habe, sagte Scholten.
Auf die Ausschreibung haben sich 16 Bewerber hauptsächlich aus dem deutschsprachigen Raum beworben, mit rund einem Dutzend europäischer Festivalmacher habe man grundsätzliche Gespräche über die Zukunft städtischer Kulturfestivals geführt, so Scholten. Die Bedingungen der Kulturarbeit hätten sich in Wien in den vergangenen Jahren "radikal verändert". "Kulturarbeit hat sich bisher mit diesem Phänomen einfach zu wenig beschäftigt. Große Institutionen erfüllen diesen Auftrag nicht."
Über welches Budget Zierhofer-Kin künftig verfügen kann, ist noch nicht ausverhandelt. Es gebe einen gültigen Vertrag mit der Stadt bis 2016, sagte der Kulturstadtrat Mailath-Pokorny. "Danach ist neu zu verhandeln." Das bedeute: "Eine Subventionserhöhung ist nicht ausgeschlossen. Aber auch nicht angesagt." Das Festwochen-Budget hat im laufenden Jahr 14,5 Mio. Euro betragen, davon sind 11 Mio. Euro Subvention (erstmals war heuer auch der Bund wieder mit einem kleinen Betrag dabei).
Konkreter ist dagegen das Jahresgehalt: Zierhofer-Kin winken 160.000 Euro brutto, wobei eine Überzahlung gemäß Ausbildung und Vorerfahrung möglich ist.
Tomas Zierhofer-Kin, Jahrgang 1968, gründete während seines Gesangsstudium am Salzburger Mozarteum mit Markus Hinterhäuser 1993 das Zeitlfluss-Festival als Teil der Salzburger Festspiele für alternative und unbekannte Kunstströmungen. 2001 und 2002 war der gebürtige Salzburger Berater der Münchener Kultursenatorin. 2002 trennte er sich vom Zeitfluss-Festival und wurde als Kurator der Wiener Festwochen engagiert, gleichzeitig eröffnete er ein italienisches Restaurant in Wien. Seit 2004 ist er künstlerischer Leiter des Donaufestivals in Krems. Und seit zehn Jahren gilt es mit seiner Mischung aus avanciertem Pop, modernen Theaterformen, Techno-Partys, Kunst, Performance und Diskurs als eines der spannendsten Festival des Landes.
"Ich freue mich sehr für Tomas, und ich freue mich sehr für die Wiener Festwochen", so Intendant Markus Hinterhäuser über die "sehr gute, nicht ganz erwartbar gewesene Wahl" zur APA. Gemeinsam hatten sie von 1993 bis 2001 das "Zeitfluss"-Festival geleitet.
Zierhofer-Kin sei "eine kompetente, außerordentlich interessierte, offene Persönlichkeit", die "sehr gut zu einem urbanen Festival wie den Wiener Festwochen passt", so Hinterhäuser, der nach den Festwochen 2016 zu den Salzburger Festspielen wechselt. Bereits 2002 bis 2004 hatte er mit Zierhofer-Kin die gemeinsame Arbeit im Rahmen der Wiener Festwochen fortgesetzt. Während Hinterhäuser später wiederholt zu den Salzburger Festspielen zurückkehrte, übernahm Zierhofer-Kin 2005 die Leitung des donaufestivals in Krems. "Wir haben zehn Jahre in Salzburg außerordentlich intensiv zusammengearbeitet, unsere Wege haben sich seither in andere Richtungen entwickelt", so Hinterhäuser. "Das ist auch völlig in Ordnung."
Klaus Werner-Lobo lobt "mutige Entscheidung"
In Salzburg und Krems habe sich Zierhofer-Kin laut Grünen-Kultursprecher Klaus Werner-Lobo jedenfalls als "ein ausgezeichneter Kenner und vor allem Entdecker hervorragender zeitgemäßer internationaler und heimischer Künstler und Künstlerinnen" hervorgetan. Dementsprechend erfreut ist Werner-Lobo über die "mutige Entscheidung", Zierhofer-Kin als neuen Intendanten der Festwochen einzusetzen, wie es in einer Aussendung heißt.
"Er hat schon bisher wahre Schätze gehoben und in Österreich bekannt gemacht und sich immer abseits ausgetrampelter Pfade des Kulturbetriebs bewegt", so Lobo, der sich von der Neubestellung auch eine "grundlegende strukturelle und künstlerische Neuorientierung" der Festwochen erwartet. "Die Festwochen sollen wieder in die Stadt hineinwirken, aufregen, im öffentlichen Raum sichtbar werden, die lebendige Kulturszene dieser Stadt aktiv einbinden, Orte und Milieus der sozialen und geographischen Peripherie - etwa in den Außenbezirken und unter der Zuwanderungsbevölkerung - neu entdecken und beleben und so für alle Wienerinnen und Wiener unabhängig von Herkunft und sozialem Status sicht-, spür- und angreifbar werden."
- 1951 bis 1958 lag die Programmgestaltung beim Veranstaltungsreferat des Kulturamtes der Stadt Wien und damit bei Oberamtsrat Adolf Ario.
- 1958 war Rudolf Gamsjäger als künstlerischer Leiter verantwortlich.
- 1960 bis 1964 leitete Egon Hilbert die Festwochen erstmals unter dem Titel Intendant.
- 1965 bis 1977 war Ulrich Baumgartner Intendant der Festwochen.
- 1978 bis zu seinem Tod 1979 war Gerhard Freund Intendant.
- 1980 bis 1984 wurden die Festwochen durch ein vielköpfiges Programmdirektorium geführt (u.a. mit Helmut Zilk, Jörg Mauthe, Hans Landesmann und Sir Rudolf Bing).
- 1984 bis 1987 war Ursula Pasterk Festwochenintendantin.
- 1987 bis 1991 lag die Funktion der Intendanz interimistisch (und ohne Bezüge) bei Kulturstadträtin Ursula Pasterk.
- 1991 bis 1996 war der spätere Burgtheaterdirektor Klaus Bachler Intendant.
- Seit 1997 lag die künstlerische Verantwortung bei einem Dreierdirektorium mit Luc Bondy (Theater), Klaus-Peter Kehr (Musiktheater) und Hortensia Völckers (Tanz und Sonderprojekte).
- 2002 übernahm Luc Bondy die alleinige künstlerische Verantwortung, sein Vertrag wurde dreimal verlängert. Für das Schauspiel war ab 2001 Marie Zimmermann verantwortlich, ihr folgte 2008 Stefanie Carp, die bereits 2005 für ein Karenz-Jahr Zimmermanns das Schauspiel programmiert hatte. 2002 bis 2004 war Hans Landesmann für das Musikprogramm verantwortlich, 2005 übernahm Stephane Lissner die Funktion des Musikdirektors.
- Seit 2014 steht Markus Hinterhäuser als Intendant an der Spitze der Wiener Festwochen. Seine ursprünglich designierte stellvertretende Intendantin und Chefkuratorin Shermin Langhoff legte ihre Funktion im Sommer 2012 - ein Jahr nach der Bekanntgabe - zurück, an ihre Stelle trat die Belgierin Frie Leysen als Schauspieldirektorin. Sie absolvierte lediglich die erste Ausgabe und gab ihren Rückzug bereits vor Beginn der ersten Saison Hinterhäusers bekannt. 2015 und 2016 gibt es mit Stefan Schmidtke im ersten Jahr und Marina Davydova im Folgejahr zwei "Programmkuratoren".
Kommentare