Die Kulturhauptstadt hält also auf Trab. Und das harmoniert mit der Kur in Strobl, die sich Gesundheitsvorsorge Aktiv nennt. Denn, wie man bewiesen bekommt: „Sich regelmäßig zu bewegen ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um seine physische Gesundheit zu fördern.“ Und so besuchte Ihr Tratschpartner nicht nur in der Villa Toscana von Gmunden die informative Ausstellung über Arnold Schönberg, sondern fuhr mit der Seilbahn auf die Schönbergalm. Von dort ging es zu Fuß zur Dachstein Rieseneishöhle, die jetzt noch einmal spektakulärer ist. Denn Bill Fontana beschallt den sogenannten "Parsifaldom" aus zwölf Lautsprechern mit einer Klanginstallation.
Der US-Künstler, 1947 in Cleveland geboren, ist hierzulande seit 1988 bekannt wie berüchtigt. Denn beim Festival „steirischer herbst“, das sich damals dem „Anschluss“ 1938 widmete, beschallte er vom Schlossberg aus Graz: Er kontrastierte Geräusche der Stadt, darunter das Bimmeln der Bim und das Gurren der Tauben, mit Klängen aus der weiten Welt. Die Menschen aber fanden das Kreischen von Affen und das Tuten des Nebelhorns von San Francisco alles andere als beglückend: Sie waren erbost, die Kulturpolitik schritt ein. Die Lautstärke wurde vermindert, die Dauer verkürzt.
Nach dem Brand von Notre-Dame 2019 begannen Bill Fontana die Glocken zu faszinieren, die zwar das Feuer überdauert hatten, aber verstummt waren: Sie sollen erst wieder zur Wiedereröffnung schlagen. Sie klingen jedoch permanent – ganz leise von sich aus. Und diese gongartigen, sanften Klänge der größten Glocke, Emmanuel, nahm Fontana 2022 mit seinen Mikrofonen für die Soundarbeit „Silent Echoes: Notre-Dame“ auf. Nun kombinierte er sie mit den Geräuschen des abschmelzenden Dachstein-Gletschers (auf knapp 3000 Meter Höhe) – eben live in der Rieseneishöhle, die sich tapfer gegen den Klimawandel zur Wehr setzt, auch wenn die Monate, in denen es über 0 hat, von zwei auf sieben gestiegen sind. Am Dienstagabend, bei der Uraufführung, hatte es 0,01 minus.
Feuer und Eis im Zauberberg. Und die hörbare Fragilität von Natur wie Kultur. Man schreitet über viele Treppen durch die atemberaubende Szenerie – und hört dabei nicht, wie bei den Führungen, bombastische Kompositionen von Richard Strauss, sondern eine sich andauernd verändernde Geräuschkulisse aus Brummen, Zischen, Knistern, Summen, Glucksen, Zirpen. Beeindruckend. Bis 3. 11. – übertragen wird die Installation von 6. 9. bis 6. 10. auch ins Kunsthaus Graz und von 7. 9. bis 27. 10. in die Tonspur-Passage des MQ in Wien.
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