Zeiler: "Dieses Risiko geht ein mutiger ORF-Chef ein"

Zeiler: "Dieses Risiko geht ein mutiger ORF-Chef ein"
Medien-Manager Zeiler lobt im profil Grasls Strukturkonzept, ist skeptisch bei Wrabetz und sieht Stärken beim ORF-Programm.

„Der ORF braucht keine Vorbilder“, meint der frühere ORF-Generalintendant Gerhard Zeiler zum ORF-Programm und verweist auf Produktionen wie die „Vorstadtweiber“, den Song Contest oder auch ORFIII und die TVthek.

Der Manager der internationalen TV-Sparte des US-Medienkonzerns Turner betont im profil, dass in der nächsten Zukunft der Fokus klar auf Eigenproduktionen zu legen sei sowie auf Live-Events wie etwa Sport, Nachrichten und Shows. Live-Charakter – das hätten die neuen Konkurrenten Netflix und Co nicht. „So kann der ORF in den nächsten zehn oder gar 15 Jahren seine Bedeutung wahren.“

Spar-Möglichkeiten

Das ist teuer und auch 61-Jährige, der vor dem Sommer als Kanzler im Gespräch war, stuft die Chance auf eine Gebührenerhöhung für den ORF derzeit als nicht realistisch ein. „Diese Herausforderung haben derzeit fast alle Sender, und es gibt genügend Felder, wo man sparen und das Geld stattdessen ins Programm stecken kann.“ So geht seiner Ansicht nach das ORF-Frühstücksfernsehen günstiger, als um fünf Millionen, etwas wenn es im Studio produziert wird, wie das im Vorfeld der ORF-Wahl auch Richard Grasl vorgeschlagen hat. Zeilers Leitlinie: „Wenn man sich an den Bedürfnissen der Konsumenten orientiert, gibt es viel zum Umschichten. Da sollte man vor Tabus nicht zurückschrecken – und auch nicht davor, manchmal seine eigenen Entscheidungen zu revidieren.“

Standfestigkeit

Zur zuletzt häufig kritisierten ORF-Information meint Zeiler: „Insgesamt ist die Berichterstattung im Großen und Ganzen aber ausgewogen.“ Dass sich alle Parteien beschweren, sei seit Jahrzehnten der Fall, „und die Freiheitlichen sind immer ein bisschen lauter. Das war schon zu meiner Zeit so.“, sagt Zeiler, der in den 1990ern den ORF führte. Wieweit der politische Einfluss beim ORF gehe, hänge vom Mut und der Standfestigkeit des Generaldirektors ab. „Ein solcher Mut führt zu inhaltlichem Erfolg, aber natürlich auch zur Gefahr, dass man bei der nächsten Wahl vielleicht nicht wiedergewählt wird. Dieses Risiko geht ein mutiger ORF-Chef ein.“

Überforderung

Am Dienstag hat sich Alexander Wrabetz bei der Neubestellung des ORF-Chefs Richard Grasl durchgesetzt. Diese „haben sehr unterschiedliche Organisationskonzepte vorgelegt. Mir erschien in diesem Punkt das Konzept von Grasl sinnvoller“, meint darin Zeiler. Darin waren die Direktoren für die Inhalte verantwortlich, der Generaldirektor für Technik und Finanzen.

Bei Wrabetz sind hingegen die Manager der TV- und Radio-Sender (Channel-Manager), die neu das Sagen haben sollen und direkt dem Generaldirektor unterstehen. Er „kenne keinen einzigen Fernsehsender auf der Welt, in dem der Generaldirektor … auch sein eigener Programmintendant für alle Fernseh-, Radio- und Digitalangelegenheiten ist. Das kann jeden nur überfordern. Selbst ich würde mir das nicht zutrauen“, erklärt Zeiler.

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