Nur 100 Minuten benötigt Ostertag, um die Zeit des Hans Castorp auf dem Berghof in Davos zu erzählen.
Das fabelhafte Bühnenbild von Nanna Neudeck ist ein riesiger Brustkorb mit einer Lungenröhre, durch die der Besucher Castorp das Sanatorium betritt. Nur drei Wochen will der Schiffbau-Ingenieur bleiben. Es werden sieben Jahre bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs, die Castorp in einer luziden Traumwelt mit vielen philosophischen Gesprächen, einer Liebesbeziehung und allerlei „ärztlichen“ Behandlungen verbringt. Am Ende steht der Tod auf dem Schlachtfeld.
Wie Ostertag – ja, einige Figuren werden zwangsweise geopfert– das umsetzt, ist fabelhaft. Mit der Musikerin Clara Luzia und der Schlagzeugerin (beide sind live auf der Bühne) Catharina Priemer-Humpel entwirft sie ein überaus stimmiges Kaleidoskop eines letztlich vergeudeten Lebens.
Die klugen, teils auch ironischen Reflexionen Manns über Zeit, Medizin, Musik und Politik, über Leben und Tod werden wunderbar herausgekehrt. Und das durchaus mit sehr viel Humor.
Dafür sorgt ein erstklassiges Ensemble. An der Spitze Tilman Rose als Inkarnation eines Hans Castorp, der nach und nach den Boden unter den Füßen verliert, sich der morbid-surrealen Atomsphäre des Zauberbergs immer mehr ergibt. Aber auch die in mehreren Rollen eingesetzten und teils gegen das jeweilige Geschlecht besetzten Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Laura Laufenberg, Michael Scherff und Jeanne Werner überzeugen. Stark!
Kommentare