Yung Hurn: "Cocobello" im Gemeindebau

Credit: Matthias Heschl/Red Bull Content Pool. Honorarfrei.
Der Wiener Rap-Posterboy für Leistungsverweigerer ließ sich von seinen "Ultras" feiern.

Michi Häupl! Michi Häupl! Immer wieder wird dieser Fangesang von Yung Hurn am Sonntag im restlos ausverkauften WUK angestimmt. Der Wiener Bürgermeister, der natürlich nicht zugegen war, hat bei Hurn und seinen Anhängern scheinbar hohe Sympathiewerte. Den Grund dafür nennt der Rapper aus Wien 22 in einem seiner Tracks: "Danke an Michael Häupl für alles. Danke für die Gemeindewohnungen."

Dort, im Gemeindebau, lässt es sich nämlich ganz gut leben. Mama, Papa oder das AMS bezahlen die Miete, die Drogen und den Wodka, der dann aber nicht der ganz billige vom Diskonter sein soll. Auch Arbeitslose haben Ansprüche.

Maximale Beschleunigung, minimale Zukunftsperspektiven: So könnte man das Leben jener Jugendlichen beschreiben, die Yung Hurn seit 2015 mit seiner Musik ein zu Hause gibt. Er ist der Freund jener, die täglich vom Leben gedemütigt werden.

Yung Hurn: "Cocobello" im Gemeindebau
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Easy

Einer, der das Spiel nicht mitmachen will, ist Yung Hurn, ein Rap-Posterboy für Leistungsverweigerer, der – so scheint es – erst gegen Mittag aufsteht, sich zum Kaffee einen Joint rollt und danach einmal schaut, was der Tag noch bringt. Alles easy, versteht sich. Anstatt Masterstudium in Rekordzeit gibt es Schnaps, Marihuana, Ecstasy, Ketamin und Kokain, das Yung Hurn in seinen Liedern gerne "Cocobello" nennt.

Seine Songs sind als Abgesang auf jene Wünsche zu deuten, die die Gesellschaft an junge Menschen stellt. Ob er das beim Schreiben seiner Zweizeiler auch so gemeint hat, weiß man nicht, denn Fragen von Journalisten geht er gerne aus dem Weg.

Neben Crack Ignaz zählt Yung Hurn, dessen bürgerlichen Namen nur seine Gang kennt, zu den erfolgreicheren heimischen Exportgütern im Cloud-Rap-Genre, in dem die beiden US-Amerikaner Lil B und A$AP Rocky als Vorbilder genannt werden. Das Besondere an dieser Musik ist die Kombination aus einer entspannten Synthesizerfläche, die schwerelos durch den Raum gleitet. Unterlegt mit Subbässen, einer schnittigen Snare und zischenden Hi-Hats entfaltet das eine enorme Wucht. Diese Beats gibt Yung Hurn gerne bei einem gewissen Lex Lugner in Auftrag.

Seine bislang veröffentlichten EPs und Mixtapes sind großteils gratis im Internet erhältlich. Viel Geld verdient er wohl auch mit den Klicks auf YouTube nicht, obwohl sein aktueller Hit "Bianco" beinahe vier Millionen Aufrufe hat. In den Videos inszeniert sich Yung Hurn gerne mit einer Wodka-Flasche, hat stets (jargongetreu) "Bitches" an seiner Seite, die er dann mit Pillen versorgt. Wer nimmt, muss auch geben: Und so lecken sie sechsi seinen Bauch oder füttern ihn mit Rotwein.

Nicht lustig

Diese provozierenden Bilder sind Teil seines Plans – sofern er einen haben sollte. Seine oft Frauen verachtenden und stets Drogen verherrlichenden Texte, die er auch unter Pseudonymen wie K. Ronaldo absondert, finden aber nicht alle so "cool" und "fresh". Der Spaß hört sich nämlich auf, wenn andere Personen öffentlich und in den sozialen Medien von "Yung-Hurn-Ultras" beschimpft und bedroht werden. So wurde eine Autorin, die im Herbst 2015 über Yung Hurn und dessen Bekannten, der Berg Money Gang, ein paar Zeilen verfassen wollte, via Facebook beleidigt und mit Gruppenvergewaltigung bedroht. Eine Entschuldigung gab es bislang keine. Auch gestern nicht. Stattdessen bedankte sich Yung Hurn auf der Bühne bei ihr, weil sie ihm zu viel Geld verholfen habe. Gelächter im Publikum. Das ist nicht lustig, sondern einfach nur unterklassig.

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