Wut generiert die meisten Klicks

Wut generiert die meisten Klicks
Journalistin Nina Horaczek und Jurist Sebastian Wiese legen mit "Informiert euch!" einen Wegweiser durch die Medienwelt vor.

„Wie du auf dem Laufenden bleibst, ohne manipuliert zu werden“ – das wollen die Journalistin Nina und Jurist Sebastian Wiese in „Informiert euch!“ (Czernin Verlag) zeigen. Es ist nach „Gegen Vorurteile“ ihr zweites Buch, mit dem sie sich speziell an ein junges Publikum wenden.

KURIER: Wie informieren sich Jugendliche denn heute?

Nina Horaczek: Wenn wir in Schulen sind, frage ich immer: „Was lest ihr?“ Es sind gar nicht so wenige, die sagen: „Auf gedrucktem Papier gar nichts mehr.“ Für viele Jugendliche erscheint Zeitung nicht. Sie sind es gewohnt, ins Internet zu gehen, wenn sie sich informieren wollen. Sie schauen auch oft gar nicht, auf welcher Seite sie sind; sie googeln einmal oder sagen: „ Facebook ist meine Informationsquelle.“

Sie schreiben in „Informiert euch!“, dass Jugendliche Fake News in der Regel leichter identifizieren als Erwachsene. Wäre also ein Buch für die ältere Generation nicht sinnvoller?

Horaczek: Beim Vorgänger „Gegen Vorurteile“ hatten wir den sogenannten „Mini-ZiB“-Effekt. Es gab früher im ORF Kindernachrichten, die „Mini-ZiB“, und da ist man irgendwann draufgekommen, dass die meisten Zuseher Erwachsene sind. Weil es einfach erklärt und schnell war. Ich glaube, dass es beim neuen Buch ähnlich sein wird. Es ist ja auch so, dass gerade die Seniorengeneration soziale Medien immer mehr für sich entdeckt. Und auch die sollte wissen, was sie dort darf und nicht darf.

Wut generiert die meisten Klicks

Unterstellt man der Jugend zu Unrecht mangelnde Medienkompetenz?

Horaczek: Die Medienwelt ist komplexer geworden. Früher hat man in der Früh die Zeitung gelesen und am Abend gemeinsam die „ZiB“ angeschaut – und damit war man informiert. Heute bekommen wir dauernd Informationen auf verschiedenen Kanälen.

Sebastian Wiese: Der große Unterschied ist, dass früher jede veröffentlichte Meinung von einer geschulten Person, einem Redakteur gefiltert worden ist – und wenn es ein Leserbrief war. Heute kann jeder mit einem Posting auf Facebook um drei Uhr in der Früh eine große Öffentlichkeit generieren. Früher wurde der Wahrheitsgehalt von Nachrichten auch zumindest ansatzweise irgendwann geprüft. Heute liegt diese Prüfpflicht auf den Wahrheitsgehalt von Nachrichten beim Medienkonsumenten.

Heute kann jeder mit einem Posting auf Facebook um drei Uhr in der Früh eine große Öffentlichkeit generieren.

Falschnachrichten sind nichts Neues.

Wiese: Die hat es immer gegeben, nicht nur im Nationalsozialismus oder in der Sowjetunion, sondern letztendlich auf jedem Stammtisch und in jedem Wirtshaus. Das hat zehn andere Stammtischbrüder erreicht und dann sind die Fake News wieder im Skurrilen verschwunden. Das ist heute nicht mehr so.

Warum sind sie so erfolgreich im Netz?

Wiese: Es gibt Studien, die zeigen, dass von allen Emotionen Wut diejenige ist, die die meisten Klicks generiert – was natürlich auch Nachrichten erfolgreich macht, die in eine bestimmte Richtung gehen. Dazu gibt es ein interessantes Experiment von einer deutschen Universität, die mit Nazi-Diktion eine Webseite aufgebaut hat, den „Volksbeobachter“. Dort haben die Forscher gezielt Falschmeldungen über Flüchtlinge verbreitet, nämlich, dass die öffentliche Hand in Deutschland Prostituierte für Syrer bezahlt. Sogar der Ortsname war erfunden. Innerhalb kürzester Zeit haben die Zehntausende Menschen erreicht.

Sie erklären im Buch, wie man solche Fake News erkennt. Aber kann man auch deren Verbreitung verhindern?

Horaczek: Wenn es wirklich beleidigende, personenbezogene Behauptungen sind, Hetze ist, kann man sie schon jetzt verhindern. Gesetze gelten ja auch im Internet. Dafür haben wir ein Instrumentarium und den Verhetzungsparagrafen. Ansonsten bin ich vor allem für Aufklärung. Eine staatliche Behörde entscheiden zu lassen, was im Netz stehen darf, klingt nach Zensurbehörde und das halte ich für nicht gut.

Das Buch: Informiert euch! Wie du auf dem Laufenden bleibst, ohne manipuliert zu werden. Czernin Verlag, 256 Seiten, 19 Euro.

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