Doch mit der offiziellen Wiedereröffnung im Jänner 2023 verstummten die Kritiker: Die Kunstwerke von Peter Kogler, Brigitte Kowanz, Eva Schlegel, Heimo Zobernig, Esther Stocker und vielen anderen, zum Gutteil eigens für bestimmte Räume im Parlament geschaffen, sind eine exzellente Ergänzung und ein frischer Kontrapunkt zum historistischen Prunk.
An sich hatte Hans-Peter Wipplinger, Chef des Leopold Museums, als von Sobotka bestellter Kurator auch den Platz bespielen wollen: Vorgesehen waren je eine Skulptur von Joannis Avramidis und Erwin Wurm. Doch die Stadt Wien verweigerte ihre Zustimmung. Die Begründung schien fadenscheinig – und war vielleicht parteipolitisch motiviert.
Sobotka nahm die Entscheidung zur Kenntnis, hielt aber an der Idee, Erwin Wurm in das Gesamtkunstwerk Parlament einzubinden, fest. Der aus Bruck gebürtige Bildhauer ist ja nicht niemand, sondern international gefragt wie kein anderer Österreicher (die Albertina richtete zu dessen 70. Geburtstag im Künstlerhaus eine bis 5. März laufende Retrospektive aus). In den letzten eineinhalb Jahren gab es daher mehrere Gespräche über einen Ankauf von Skulpturen.
Die Wahl fiel schließlich auf zwei „Skins“: Die weiß lackierten Aluminium-Abgüsse bestehen aus bekleideten Gliedmaßen – mit Hand und Fuß, aber ohne Arme und Beine, also nur aus der Hülle. Doch Wurms haben einen stolzen Preis: Die eine „Skin“ wird im Kunsthandel um 300.000 Euro angeboten, die andere um 280.00. Eine Summe von 560.000 Euro wäre jedoch nicht argumentierbar gewesen. Man einigte sich schließlich, so Wurm, auf 240.000 Euro für beide Werke exklusive Mehrwertsteuer.
„Ich teile das Geld mit meinem Galeristen“, sagt der Künstler zum KURIER. „Und die Herstellung der Aluminium-Skulpturen ist sehr teuer. Mir bleiben daher nur 20 Prozent. Und damit bezahle ich meine Mitarbeiter.“ Wurm lebt von seiner Arbeit und bezieht – das betont er immer wieder – keine Subventionen. Er arbeitet ohne Berührungsängste auch für die Kirche („Fastentuch“ im Stephansdom 2021) und die Politik, achtet aber auf Äquidistanz: Josef Ostermayer gab als Kulturminister einen monströsen Strickpullover in leuchtendem SPÖ-Rot in Auftrag; für die ehemaligen ÖVP-Landeshauptmänner Erwin Pröll und Hermann Schützenhofer schuf Wurm ähnliche Wandbespannungen – in Blau-Gelb und sattem Grün.
Klar war, dass der Deal noch vor dem Ausscheiden von Sobotka als Nationalratspräsident abgeschlossen zu sein hat. Und so lieferte das Studio Wurm die Skulpturen am vergangenen Mittwoch. Einen Tag später übergab der Machtpolitiker bei der konstituierenden Sitzung des neuen Nationalrats sein Amt an Walter Rosenkranz (FPÖ).
Der Zeitpunkt wirkte – nachvollziehbar – als Affront. Sogleich kritisiert man, dass Sobotka den Ankauf getätigt habe, ohne die Präsidiale zu befassen. Er konterte gegenüber der APA, dass die beiden Werke aus dem dafür vorgesehenen Kunstbudget finanziert worden seien. Von einem „Abschiedsgeschenk“ Sobotkas zu sprechen, ist daher verfehlt. Die Republik machte aber, so viel ist sicher, kein schlechtes Geschäft.
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