Der glückliche Museumsmensch

Es gab auch Ausstellungen, da musste Wolfgang Kos "den Leuten im Museum erklären, worums es geht".
Wolfgang Kos über seine letzte Saison als Direktor und die Zeit danach.

Wolfgang Kos leitet seit 11 Jahren das Wien Museum. Ende September 2015 übergibt der studierte Historiker und gelernte Journalist an seinen Nachfolger, Matti Bunzl, der dieser Tage sein Büro in den Räumen des Wien Museums bezieht. Mit dem KURIER sprach Kos, 65, über sein Glück als Museums-mensch und seine Pläne in der letzten Saison.

KURIER: Herr Kos, Sie gehen in Ihr letztes Ausstellungsjahr ...
Wolfgang Kos:
Abgesehen davon, dass es mein letztes ist, ist es ein interessantes Ausstellungsjahr.

KURIER: Man sagt, das letzte Jahr einer Intendanz ist genauso wichtig wie das erste.
Das Wien Museum hat sich immer durch sein Programm profiliert, denn es hat kein tolles Haus – ausschließlich die Ausstellungen haben die Leute hier hergebracht. Wie man weiß, haben wir immer ein sehr vermischtes, aber trotzdem immer komponiertes Programm. Über die Zeit haben sich Zyklen ergeben, es ist eine Typologie des Wien Museums entstanden, eine Mischung aus erwartbaren Publikumsrennern und Ausstellungen, bei denen ich oft das Gefühl hatte, ich muss den eigenen Leuten im Museum erklären, worum es geht.

2014 war mit über 160.000 Besuchern allein am Karlsplatz das erfolgreichste Jahr des Museums. Wissen Sie, warum?
Wir hatten die Ausstellung über die österreichische Riviera, die Ausstellung "Experiment Metropole", die auch sehr gut ging, und jetzt natürlich Klimt, Erster Weltkrieg und Lobe. Das Ausmaß dieses Erfolgs hat mich überrascht. Unser Experiment hat funktioniert: Die Lobe-Ausstellung musste Erwachsene und Kinder gleichermaßen ansprechen. Museen werden zu oft als Orte gesehen, wo einem etwas gezeigt wird, das man andächtig anschaut und dann wieder geht. Für mich ist es ein Ort, wo Generationen im Gespräch sind. Das macht mich als Museumsmensch glücklich. Wie auch in meiner Zeit beim Radio, ob bei der Musicbox oder bei Diagonal, habe ich bei Ausstellungen immer versucht, nicht anhängig zu sein von vorher bekannten Interessen. Wenn ich den Geist der Zeit erzähle, wird die Sache spannend. Das ist mein Ehrgeiz und meine pädagogische Ader.

Sind Sie da rückblickend auch ein bisschen stolz?
Ja, aber es gibt auch vieles, das nicht gelungen ist. Und ich möchte jetzt kein Bilanz-Gespräch machen, ich will auch über Neues sprechen. Ich plane ja jetzt schon gemeinsam mit meinem Nachfolger das Jahr 2016.

Wie darf man sich das genau vorstellen?
Ich habe natürlich ein paar Dinge geplant und ihn gefragt: Interessiert dich das? Dann machen wir das fix. Bei einer Ausstellung hat er gesagt, das interessiert ihn nicht. Im Herbst, habe ich ihm gesagt, muss er eine wichtige Ausstellung selber präsentieren. Bei mir war das damals die Alt-Wien-Schau. Es geht ja sehr viel über Titel. Das ist so wie in der Pop-Musik. LPs mit schlechten Titeln, Bands mit dummen Namen haben sich nie verkauft. Und bei meiner ersten Ausstellung war zuerst der Titel da: "Alt-Wien, die Stadt, die niemals war." Das klingt wie "Der Spion, der aus der Kälte kam".

Reden wir über nächstes Jahr.
Im Februar kommt die Schau "Romane Thana – Orte der Roma und Sinti." Das ist wie in meiner ersten Saison eine Kooperation mit der Initiative Minderheiten, dazu kommt das Burgenländische Landesmuseum. Wir wollen viel erzählen, zugleich aber hinter erwartbare Stereotypen blicken. Und es geht stark um die Perspektive. Lange Zeit waren Ausstellungen immer "über" Roma. Diese wird von Roma erzählt. Im März kommt "Mythos Galizien", eine Kooperation mit Krakau. Ich bin sehr froh darüber, denn ein Wien Museum endet nicht an den Stadtgrenzen. Galizien, dieses künstlich erfundene Territorium, war fast so groß wie das heutige Österreich, die Hauptstadt Lemberg war um 1900 die viertgrößte Stadt Europas. Heute weiß man kaum noch, wo Galizien einst lag. Und natürlich haben wir eine Ringstraßen-Ausstellung zum 150. Geburtstag.

Apropos Ringstraße. Was halten Sie von der Ankündigung des Kulturministers, das Volkskundemuseum zu redimensionieren und statt dessen das Haus der Geschichte zu bauen?
Ich interpretiere das anders. Es sind Zweifel aufgetaucht, ob das wirklich so groß sein muss. 25 Millionen, sind viel Geld allein für einen Umbau. Ich habe das Gefühl, da ist noch Luft drinnen. Obwohl man den Wienern schon sagen muss: Dort befindet sich eine Sammlung von Weltrang. Aber es wird auch mit Redimensionierung ein gutes Projekt. Ob es deshalb das Haus der Geschichte geben wird, weiß ich nicht. Vielleicht ist das ja die Antwort der SPÖ auf St. Pölten, wo derzeit ein Haus der Geschichte entsteht.

Werden Sie das Ausstellungsmachen vermissen?
Ich werde weiter Ausstellungen machen. Ich habe früher schon zeitgenössische Kunstausstellungen gemacht, ich werde auch in Zukunft in Richtung Kunst- und Kulturgeschichte arbeiten.

Geht man in eine letzte Saison mit dem Gefühl hinein: Das bleibt von mir?
Ich treffe heute noch Leute, die mir sagen, das, was sie einst in der Musicbox gehört haben, beschäftigt sie noch. Das war mir damals gar nicht bewusst. Was wirklich Bedeutung hat, das weiß man im Moment oft gar nicht.

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