Die Zukunft der Wiener Stadthalle

Die Zukunft der Wiener Stadthalle
Wie könnte eine Nachnutzung der Wiener Stadthalle aussehen, wenn die für 2024 angekündigte neue Event-Arena steht. Wolfgang Fischer, Geschäftsführer der Wiener Stadthalle, im Interview.

Die Wiener Stadthalle sorgt beinahe täglich für Schlagzeilen: Paul McCartney begeisterte an zwei Abenden über 20.000 Fans. Und: Cher, Backstreet Boys, Elton John sowie Mumford & Sons haben sich bereits für 2019 angesagt. Aber auch: „Neue Event-Arena kommt – Keine Großkonzerte mehr in Wiener Stadthalle“, wie die APA unlängst verkündete.

„Das ist natürlich Blödsinn. Denn der geplante Spatenstich für die neue Halle ist für 2021 geplant, Fertigstellung 2024. Zumindest bis dahin finden weiterhin Großkonzerte in der Wiener Stadthalle statt. Es muss sich also keiner, der beispielsweise bereits Karten für Elton John gekauft hat, fürchten“, sagt Wolfgang Fischer im Interview.

KURIER: Ihr Vertrag läuft 2022 aus. Die Zukunft der Wiener Stadthalle scheint ungewiss. Schauen Sie sich bereits nach einem neuen Job um?
Wolfgang Fischer:
Nein, ich schlafe derzeit nicht bei offenem Fenster, um einen Ruf nicht zu überhören (lacht). Ich stehe voll im Saft. Im Sommer 2019 ist erst Halbzeit meiner zweiten Amtsperiode: Wir haben mit der Wiener Stadthalle noch viel vor.

Zuletzt wurde der bauliche Zustand der Stadthalle kritisiert. Ist die Kritik berechtigt?
Ich habe nach dem Justin Timberlake-Konzert vergangenen August, bei dem es einige Beschwerden über die hohen Temperaturen gegeben hat, bereits darauf hingewiesen, dass die Wiener Stadthalle die älteste Arena Europas ist, die noch nie generalsaniert wurde. Die meisten Hallen in dieser Größe wurden nach 30 Jahren zum ersten Mal generalüberholt. Die ebenfalls von Roland Rainer 1964 erbaute ÖVB-Halle in Bremen wurde nach 40 Jahren für 50 Millionen Euro teils umgebaut und baulich erweitert. Ebenfalls die St. Jakobshalle in Basel. Bei der Planung vor 65 Jahren konnte Roland Rainer nicht wissen, dass 60 Jahre später Bands wie U2 auch mal 150 Tonnen an die Decke hängen möchten. Wir sind da mit unseren 100 Tonnen eh noch weit vorne dabei.

Wäre eine Generalsanierung nicht längst fällig gewesen?
Wir haben jetzt 60 Jahre am Buckel. Dass eine Sanierung ansteht, ist also keine Überraschung. Aber trotzdem muss man festhalten, dass abgesehen von einzelnen Mega-Produktionen die meisten Shows und Events in der Wiener Stadthalle problemlos stattfinden können. Es gibt halt einige Bereiche, die in der Stadthalle einfach etwas aufwendiger bzw. schwieriger sind: Die Anlieferung über den Roland-Rainer-Platz ist zum Beispiel nicht mehr State of the art. Das ist auch für die Wiener Stadthalle nicht optimal, denn den großartigen Vorplatz können wir aufgrund der Anlieferung nicht wirklich mit einer gewissen Regelmäßigkeit bespielen. Bei einer neuen Multifunktionshalle könnte bzw. sollte man solche speziellen Anforderungen berücksichtigen.

Was hat bisher gegen eine Sanierung gesprochen?
Die Pläne des Eigentümers zu hinterfragen und kommentieren ist nicht meine Aufgabe. Eines muss einem aber klar sein: Eine Sanierung über drei Sommer hinweg, wie es die Jakobshalle in Basel gemacht hat, wäre extrem aufwendig und auch kostspielig. Wir können es uns auch nicht leisten, ein, zwei Jahre zuzusperren, ohne eine Alternative anzubieten. Es ist also aus vielerlei Gründen gescheiter, an einem neuen Standort eine neue Halle zu errichten, weil dadurch auch die Kostenfrage klarer abgrenzbar ist. Und wenn die neue Halle in Betrieb ist, kann man sich der Sanierung der Wiener Stadthalle widmen. Das Ausmaß der Sanierung hängt natürlich vom Nachnutzungskonzept ab.

Wie könnte so eine Nachnutzung aussehen?
Es gibt viele da natürlich Möglichkeiten und Ideen. Aber welches Konzept es werden wird, werden schlussendlich die Eigentümer entscheiden.

Werden Sie bei der Planung eingebunden?
Klar gibt es dazu Gespräche, und ich habe dazu auch Ideen.

Welche sind das?
Bei einem neuen Nutzungskonzept muss man eines mitdenken: Die Stadthalle steht unter Denkmalschutz. Und wenn wir von der Stadthalle sprechen, dann ist damit die Halle D gemeint. Die Halle F ist gerade erstmal zwölf Jahre alt und wird so weitergeführt werden wie bis jetzt. Naheliegend ist natürlich eine für den Sport ausgelegte Nachnutzung, da die Hallen A bis C ja schon also solches in Betrieb sind. Aber entscheiden wird die Stadtpolitik.

Könnte die Wiener Stadthalle auch die Leitung der neuen Mehrzweckhalle übernehmen?
Hier möchte ich den Bürgermeister zitieren, der gesagt hat, dass die neue Halle unter der Führung der Stadthalle stehen sollte. Das hat auch der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke bekräftigt und darauf hingewiesen, dass die Stadthalle auf 60 Jahre professionelles Veranstaltungsmanagement zurückblicken kann. Wie hieß es jüngst vonseiten des Aufsichtsrates: „Der Bedarf nach einer neuen Halle ist das Ergebnis der guten Arbeit der Stadthalle. Eine neue Halle kann ohne das erfolgreiche Team nicht funktionieren!“ Demütig und ein bisschen stolz ist dem nichts hinzuzufügen. Aber jetzt geht es einmal darum, einen geeigneten Standort für die neue Halle zu finden. Der Rest ergibt sich.

Die Zukunft der Wiener Stadthalle

Seit 2012 Geschäftsführer der Wiener Stadthalle: Wolfgang Fischer.

Kam mit Paul McCartney eigentlich ihr Lieblings-Beatle nach Wien?
Auf jeden Fall. Eines meiner ersten Konzerte war Paul and the Wings. 1976 in Wien. Vor fünf Jahren habe ich ihn zum letzten Mal live gesehen. Das war eine dreistündige Show der Extraklasse. Daher freut es mich, dass er jetzt zwei Mal in die Stadthalle gekommen ist. Noch besser als damals im Stadion.

Haben Sie Einfluss auf die Ticketpreise?
Nein. Die Ticketpreise werden immer höher, weil Musiker kaum noch Alben verkaufen. U2 ist nach Billboard-Magazin jene Band, die 2017 am meisten Geld mit Live-Shows verdienet hat. Rund 54,5 Mio. Dollar (46,4 Mio. Euro) nahm die Band um Frontmann Bono 2017 ein, davon mehr als 95 Prozent durch ihre Tournee. Das zeigt, wie wichtig Konzerte für Musiker geworden sind, wie sehr sich die Branche durch die Digitalisierung verändert hat. Die Fans kaufen weniger CDs, nutzen das Streaming, sparen so Geld und geben es dafür für Konzertkarten aus. Dafür legen sie dann auch viel Geld hin, kaufen sich Karten für die besten Kategorien, die meistens als erstes ausverkauft sind. Die Frage nach der Exklusivität, nach dem besonderen Erlebnis stellt sich immer öfter. Um den Leuten das auch bieten zu können, braucht man auch geeignete Strukturen, müssen bauliche Voraussetzungen gegeben sein. Eigene VIP-Eingänge, Premium-Sitze, hochwertiges Catering, eigene Garagen-Plätze ausreichend Räume für Spezial-Empfänge etc.

Das klingt nach einer Art VIP-Logen-Modell wie es in Fußballstadien zu finden ist. Wäre das in der Stadthalle
Das können wir aktuell in der Stadthalle nicht bieten. Ich kann natürlich einen Block sperren, dort bessere Sitze montieren, aber um aufs WC zu kommen, müssen die Premium-Gäste erst wieder durch Publikumsmassen gehen. Das ist nicht die Vorstellung von Exklusivität, die die Menschen haben. Das sind alles Dinge, die man bei Neuplanungen von Veranstaltungshallen natürlich berücksichtigt.

Wird es in Zukunft mehr Sportveranstaltungen in der Halle geben?
Für mehr Sport in der Halle, bräuchte man ein heimisches Spitzenteam, das ihre Heimspiele in der Stadthalle austrägt. Wir haben 2020 die Handball EM in der Wiener Stadthalle bis zum Halbfinale. Und ebenso jährlich stattfindende Erste Bank Open 500.

Wie sind Sie mit dem 60-jährigen Jubiläum der Wiener Stadthalle bislang zufrieden?
Die 60. Saison ist inhaltlich wirklich etwas Besonderes. Der bisherige Höhepunkt war sicher die Veranstaltung „Best of Austria meets Classic“ mit unter anderem Conchita, Pizzera & Jaus, Seiler und Speer, Wanda, Wolfgang Ambros und einem 70-köpfigen Symphonieorchester unter der Leitung von Christian Kolonovits. Die Show wurde vom ORFeins im Freitagabend ausgestrahlt und hatte eine tolle Quote. Die Betonung des Österreichischen hat sehr gut funktioniert. Der Publikumszuspruch war enorm.

Konnten Sie die vorgegebenen Ziele also locker erreichen?
Das ist immer so eine Sache. Wenn es um die Steigerung der Auslastung geht, sage ich immer scherzhaft, dass man dem Jahr bald mal mehr als 356 Tage geben müsste. Grundsätzlich gilt: Man muss sich immer nach neuen Märkten umsehen, einen Mehrwert in der Unterhaltung bieten, neue zeitgemäße Formate entwickeln und probieren.

Werden Sie auch noch das 65-jährige bzw. 70-jährige Jubiläum der Wiener Stadthalle als Chef verantworten?
Mal sehen, wie sich das Pensionsantrittsalter in den nächsten Jahren entwickelt. Ich denke aber, dass wir das 65-jährige Jubiläum vielleicht kleiner begehen und erst wieder das 70-jährige groß feiern werden.

Shows im Jahr 2019 Programm-Highlights: Holiday On Ice – „Atlantis“: 16. bis 27. Jänner. – Bonez MC & Raf Camora: 23. und  24. Februar. – Thriller live: 27. Februar. – Elton John: 1. und  2. Mai – Mumford & Sons: 3. Mai – Backstreet Boys: 28. Mai – Cher: 7. Oktober

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