Besonders betroffen fühlt sich in Österreich die sogenannte Kleinkunstszene, und da nicht die großen Stars, sondern jüngere oder – wie in anderen Bereichen auch – komplexere Acts. Die Szene ist kaum subventioniert und merkt Marktbewegungen viel früher. Und ihre Künstler können sich Durststrecken viel kürzer leisten.Mit Fakten lässt sich das derzeit nur schwer belegen. Aber die Stimmungslage kann – nach einem vom KURIER durchgeführten Rundruf – als zwar anspannt und etwas verunsichert, aber keineswegs hoffnungslos zusammengefasst werden. „Das Rabenhoftheater musste am 10. März 2020 (dem Beginn des ersten Lockdowns für Veranstaltungsstätten) bei knapp 94 Prozent Auslastung schließen. Seitdem ist diese Auslastung auf knapp 64 Prozent gesunken, was einem Mix aus pandemischen Nachwirkungen, Krieg in Europa und permanent steigender Inflation geschuldet ist“, bringt Thomas Gratzer, Direktor des Wiener Rabenhof, die derzeitige Situation auf den Punkt.
Rund 220 Kilometer weiter westlich kommt Gernot Kremser vom Linzer Posthof zu einem ähnlichen Ergebnis, spricht dabei aber von zwei Welten: „Wir haben einerseits ausverkaufte Shows und Abende mit weniger Zuspruch.“ Noch sei er guter Hoffnung, noch bleibe das Publikum nicht im großen Stile aus. Aber wie sich das die kommenden Monate entwickeln wird, könne er nicht vorhersagen.
Die Pandemie scheint einige Theater trotz diverser staatlicher Hilfen und Ausgleichszahlungen kalt erwischt zu haben. Die Zuseher waren ob der ständig wechselnden Regeln verunsichert und sind es zum Teil noch heute. Für Andreas Fuderer, Geschäftsführer der beiden Wiener Kleinkunstbühnen Stadtsaal und Kabarett Niedermair, werde es noch länger dauern, bis sich das alles wieder normalisiert habe. Zuversichtlich stimmen ihn, dass die Kartenverkäufe zuletzt wieder halbwegs stabil waren. „Die Auslastung ist aber definitiv gesunken. Man spürt den Corona-Dämpfer jetzt erst richtig.“ Vor allem die älteren Menschen (60+) bleiben zunehmend aus. „Die Jugend ist hingegen wesentlich motivierter. Der erhoffte Nachholeffekt ist derzeit nur in dieser Gruppe auszumachen. Je älter das Publikum, desto vorsichtiger und sorgenvoller, desto weniger lässt es sich momentan auf Experimente ein.“
Zusammen mit den drastisch gestiegenen Energiekosten – man muss ein Theater ja heizen und beleuchten – könnte diese Entwicklung vor allem für kleinere Häuser existenzbedrohend werden. Was kann man dagegen unternehmen? Mehr Komödie spielen, das Angebot niederschwelliger machen, sagen die einen. Im Gegenteil: Man muss das Publikum eher über- als unterfordern, sagen andere. „Nun heißt es mehr denn je, um jeden Zuschauer zu kämpfen und den Optimismus nicht zu verlieren“, findet Gratzer.
Ein anstehendes Zusatzproblem ist die drohende Teuerung, auch bei den Energiekosten. Teurere Tickets aber würden noch mehr Menschen abhalten, fürchtet Fuderer: „Da ist es uns lieber, wenn das Theater voller ist. Noch mehr Publikum zu verlieren können wir uns langfristig nicht leisten. Die einzige Chance, die wir haben, ist die Begeisterung für das Theater am Leben zu halten.“
Stärker bewerben sollte man den Kulturpass, auf den zum Beispiel Mindestsicherungsbezieher Anspruch haben, meint der Kabarettist Christoph Fritz, bei dem es vergleichsweise gut läuft.
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