Wiener Staatsoper: Cecilia Bartoli überstrahlt alles
„Their Master’s Voice“ mit John Malkovich als Gastspiel der Oper von Monte Carlo in der Wiener Staatsoper.
11.07.24, 14:55
Von Susanne Zobl
Als Cecilia Bartoli 2022 zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper mit der Opéra de Monte Carlo gastierte, wollte sie an den Hype erinnern, den Rossini einst in Wien ausgelöst hat. Jetzt ist es sie selbst, die einen solchen entfacht und mit Direktor Bogdan Roščić einen veritablen Coup zum Saisonausklang landet.
Das Programm für das aktuelle Gastspiel ist mit „Barocchissimo“ überschrieben. Chapeau vor der Genialität, mit der diese Sängerin ihr Publikum immer wieder zu faszinieren versteht, seit 2012 als künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele, seit Jänner 2023 in der nämlichen Position der Oper in Monte Carlo.
Mit Händels „Giulio Cesare“, den Davide Livermore als eine Art Agatha-Christie-Thriller mit Bartoli als Cleopatra inszenierte, füllte sie an drei Abenden das Haus. Für das Farinelli gewidmete finale Gala-Konzert gab eine Musiktheaterperformance am Vorabend mit dem Titel „Their Master’s Voice“ mit John Malkovich eine Art „Einführung“.
Regisseur Michael Sturminger, der mit dem Hollywood-Schauspieler bereits seit Jahren zusammenarbeitet, ersann dafür eine berührende Geschichte. Der gealterte Countertenor Jeffrey Himmelhoch erzählt von seiner unglaublichen Entdeckung. In einem Antiquariat fand er die Autobiographie des gefeierten Kastraten-Sängers Farinelli. Dabei wird das Leid angesprochen, das Knaben mit schöner Stimme in vergangenen Jahrhunderten durch grausame Verstümmelung zugefügt wurde, damit sie diese behalten.
Der 70-jährige berührt, wenn er am Ende zugibt, dass er alles nur erfunden hat, um selbst noch einmal auf einer Bühne zu stehen, um wie Jupiter mit einem goldenen Wagen vor sein Publikum schweben. Doch dafür fehlt das Budget. Der Wagen bleibt am Boden.
Der einstige Valmont aus „Gefährliche Liebschaften“ fügt sich in seine Rolle als desperater Clown im Glitzer- oder Samtsakko und lässt sich sogar dazu hinreißen, ein paar Melodien zu singen. Diese halbszenische Performance führt wie in einem Pasticcio durch Ausschnitte aus Werken von Pergolesi, Händel, Monteverdi, Agostino Steffani und Vivaldi.
Die Bebilderung mit Videos und Kostümen von Andreas Donhauser und Renate Martin changiert zwischen schön und etwas kitschig. Nebensache, wenn Bartoli mit Vivaldis „Gelido in ogni vena“ aus „Il Farnace“ fulminant auftritt. Sie spielt eine Putzfrau, die rekrutiert wird, weil keine Sängerin zu finden ist. La Bartoli überstrahlt mit ihrer Einzigartigkeit alles. Wer ihr mit Tiefgang „Lascia la spina“, unter einer gigantischen Rose betörend angestimmt, gehört hat, wird diese Interpretation der Händel-Arie nicht mehr vergessen.
Eine echte Entdeckung
Eine echte Entdeckung ist Philipp Mathmann. Der Countertenor, setzt als junger Farinelli auf jugendliche Naivität. Virtuos lässt er nahtlos bei einzelnen Arien seinen Sopran in Bartolis Mezzosopran übergehen. Emily Cox ergänzt charmant als Regisseurin. Gianluca Capuano bringt den Klang der historischen Instrumente der Les Musiciens du Prince-Monaco zur Entfaltung. Bestechend intoniert der Chor aus Monte Carlo. Die paar Buhs für das Regieteam, die sich in den überbordenden Jubel mischten, hätten nicht sein müssen. Eine Fortsetzung der Bartoli-Festspiele in Wien wäre wünschenswert.
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