Sie machte den Kapitalismus verantwortlich für ihre missliche Lage, aber auch die Gesellschaft, die einen „antislawischen Rassismus“ pflege. Und so entstand der rund 70-minütige Monolog, den sie am Donnerstagabend zur Uraufführung brachte.
Einer Amazone gleich (sie selbst sieht ihre Figur als „Alien“) stellt sie sich in die Mitte der Spielfläche – und redet frontal zum Publikum. Mitunter schreitet sie auch auf einem Laufband, das man als Hamsterrad interpretieren kann: Es ist ein Kampf ohne Ende – und ihr Text eine Kampfansage, durchzogen von galligem Humor. Alle haben Schuld, die Männer ganz besonders, und alle sind gemein zu ihr, dem ehemaligen Flüchtlings- und „Asylantenheimkind“.
Superheldin
Sie sei fünf gewesen, sagt die Frau in ihrem silbrigen Superheldinnen-Outfit, als der Jugoslawien-Krieg ausbrach, und sechs, als sie mit Mutter und Großmutter illegal nach Deutschland kam. Sie sollte nicht, wie diese, als Putzfrau enden müssen, und wurde bei schlechten Noten abgewatscht. Aber die Selbstoptimierung mit Studium brachte nicht viel: Freundin Judith – hinter Mateja Meded in einem Video übermächtig groß projiziert – stahl ihr die zu einem Buch verarbeitete Flucht-und Minderheitengeschichte, ein bisexueller Dramaturg, der sich als Minderheit begreift, ein künstlerisches Konzept.
Sie wollte doch auch zur In-Crowd gehören, schleimte sich rein, aber als Teil der gedissten Unterschicht hätte sie die Verhaltenscodes nicht gekannt: Sie wurde, beladen mit Minderwertigkeitskomplexen, ignoriert und ge-ghostet. Eben weil sie nach „Fotzendreck“ rieche.
Mateja Mededs Sprache, frei von jedem Akzent oder Dialekt, ist wunderbar klar: Sie lässt sich weder zu- noch einordnen. In ihrer Leidensgeschichte gibt es Vor- und Rücksprünge, auch Sidesteps. Und manche Passage ist schlicht Wutbürgerinnenkabarett. Etwa, wenn sie über die „Nepo-Kids“ ätzt, die weiterhin von den „Arisierungen“ der Nazi-Bonzen-Großväter profitieren, oder über jene queer-feministischen Shop-Betreiberinnen, die Bücher oder biodynamisches Gemüse feilbieten, als Nutznießerinnen jener gentrifizierten Vierteln, die sie sich nicht mehr leisten kann. Aber diese Amazone trägt seit Kriegstagen eine Handgranate mit sich: ihre Worte. Sie werden explodieren.
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