"Da ist halt Nebel am Gipfel"

"Da ist halt Nebel am Gipfel"
Wien-Museum-Direktor Wolfgang Kos über Pläne für seine verbleibende Amtszeit und sein "Abschiedsgeschenk".

Wolfgang Kos will über Inhalte, nicht über Baustellen reden. Die Debatte um den künftigen Standort des Wien Museums sei so dominant geworden, „dass sie unsere Arbeit zu überlagern droht“, sagt der Direktor, der vor zehn Jahren sein Amt angetreten hat. Zuletzt wurde sein Vertrag bis Herbst 2015 verlängert. „Da möchte ich noch einige größere Projekte machen“, sagt er.

Über allem, was Kos bis 2015 vorhat, schweben aber die großen Themen seiner bisherigen Amtszeit: Die Neupositionierung des Wiener Stadtmuseums und insbesondere die Erarbeitung einer neuen Dauerpräsentation für die Sammlung, die von historischen Objekten über Alltagsgegenstände bis zur Kunst reicht.

Dauerausstellung

Selbst gestalten wird der Direktor diese Schauräume nun nicht mehr. „Daher habe ich mir vorgenommen, ein Statement zu einer künftigen Dauerausstellung abzugeben“, sagt Kos im KURIER-Gespräch.

"Da ist halt Nebel am Gipfel"
Für „Best of Vienna“ werden 2015 große Teile der bestehenden Sammlungsschau ausgeräumt: Geplant ist ein „freier Mix von Objekten, die aber in verschiedener Weise erläutert werden“, so Kos. „Da wird am Beispiel hochwertiger Objekte gezeigt, was historische Dinge erzählen können, wenn man sie interessant befragt. Highlights sind ebenso dabei wie Schätze aus dem Depot. Und das bleibt dann halt so lange, bis man das Haus umbauen beziehungsweise für die Nachnutzung adaptieren muss.“

Risiko und Erfolg

Blink! Da ist sie wieder, die Standortdebatte. Kos hat zuletzt keinen Zweifel daran gelassen, dass er einem Ausbau des bestehenden Museums am Karlsplatz den Vorzug gegenüber der zweiten Variante, einem Neubau beim Zentralbahnhof, gibt.

„Wenn wir dort in der Arsenalstraße etwas zeigen, kann die gleich gute Ausstellung drin sein – aber das Risiko wird sehr hoch sein, dass sie kein Erfolg ist“, sagt er. „Wenn, dann müsste eine Ankündigung dieses Standortes mit der Zusage gekoppelt sein, dass es eine Abgangsdeckung gibt.“

Erfolgreiche Ausstellungen kann Kos einige vorweisen: „Die Sinalco-Epoche“ (2005) machte die Konsumkultur der Nachkriegszeit lebendig. Sein Museum durchleuchtete wiederholt den Mythos „Alt-Wien“ (aktuell: „Wiener Typen“) und brachte Gustav Klimt ebenso zu Ehren wie die Hausbesetzer der 1970er-Jahre. Als modellhaft sieht Kos aber die Schau „Kampf um die Stadt“ (2009/’10), die im großen Stil Politik, Kunst und Alltagsleben der 1930er miteinander verquickte.

„Es gibt nun zwei große Ausstellungen – beide auch solche ,Zeitschnitte‘“, sagt Kos. „Experiment Metropole“, schon für Herbst 2013 geplant, wurde ins Frühjahr 2014 verschoben. Es geht um die Zeit um 1870, in der Wien sich zur veritablen Großstadt entwickelte – ein Prozess, der in der Weltausstellung 1873 seinen Höhepunkt erlebte. Kos: „Da entstand die moderne Stadtstruktur, auch die moderne Kommunalpolitik.“

Für Frühling 2015 kündigt Kos die Schau „Mythos Galizien“, eine Kooperation mit dem ICC Krakau, an. Mit dem historischen Museum Berlin zeigt das Wien Museum im Herbst 2015 dann „Wien und Berlin im Kalten Krieg“. Dabei soll es um Spionage und Machtkämpfe in beiden Städten gehen. „Das wird wahrscheinlich die letzte Ausstellung, die ich als Direktor eröffne“, sagt Kos. Sowohl bei „1870“ als auch „Im Kalten Krieg“ kann er sich vorstellen, dass „ein Destillat daraus in einer Dauerausstellung Eingang findet.“

Frust und Hoffnung

Angesichts des Umstands, dass er wegen der zähen Entscheidungen kein neues Museum mit Dauerausstellung hinterlassen wird, kommt auch das Wort „Frust“ über Kos’ Lippen.

Doch er relativiert. „Klar gibt es die Überlegung: Das war das Expeditionsziel, und da ist halt Nebel am Gipfel, den können wir diesmal nicht besteigen“, sagt er. „Ich habe nicht geglaubt, dass alles so lange dauert. Aber andererseits ist das ganz normal.“

Kos ist optimistisch, dass das Museum an seinem Wunschort Karlsplatz bleibt: „Doch noch ist es ein Erahnen, eine Hoffnung. Die Stadt Wien ist ernsthaft dran. Und es ist schon eine Freude zu sehen: Die Arbeit eines Hauses, das nicht den Glamour eines Kunstmuseums besitzt, hat dazu geführt, dass viele meinen, es mache Sinn, dieses Haus zu vergrößern oder neu zu bauen.“

Das Museum

Das Wien Museum betreut neben dem Haus am Karlsplatz 12 weitere Standorte (z. B. Prater- und Uhrenmuseum) und 7 einstige Wohnungen von Komponisten. Wolfgang Kos (*1949), Historiker und zuvor langjähriger Radiojournalist, ist seit 2003 Direktor.

Der Neubau

Bau und Standort eines „neuen“ Museums werden seit 2009 öffentlich diskutiert. Zuletzt erklärte Bürgermeister Michael Häupl (S), dass es heuer keine Entscheidung vor der Nationalratswahl geben werde.

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