Barracuda-Entertainment ist skeptisch
Ewald Tatar, Österreichs größter Konzertveranstalter und CEO der Barracuda-Holding, zeigt sich dem Vergabeverfahren gegenüber skeptisch. Vielleicht auch, weil die Oak View Group ein mächtiger Entertainment-Riese mit mehr als 300 Venues und über 30.000 Mitarbeitern ist.
Aber vor allem arbeitet die OVG eng mit Tatars größter Konkurrenz Live Nation zusammen, mit jenem Unternehmen, das heuer Acts wie Bruce Springsteen, Red Hot Chili Peppers und Depeche Mode nach Österreich geholt hat und im Herbst Helen Fischer für fünf Shows in der Stadthalle nach Wien bringt.
„Ob und in welcher Art Barracuda als größter Veranstalter in Österreich dann in dieser Halle veranstalten wird, sei jetzt einmal dahingestellt“, sagt Tatar zum KURIER. „Bis dahin wird aber noch viel Wasser und Wiener Politik die Donau hinunterfließen. Zudem gibt es ja auch noch große Hallen in den Bundesländern und als Wien-Alternative weiterhin die denkmalgeschützte Stadthalle.“
Dieser von Architekt Roland Rainer gestaltete Bau im 15. Bezirk ist auch geschichtsträchtig.
Eröffnet wurde die Stadthalle mit einem Konzert, bei dem die Wiener Philharmoniker und die Wiener Symphoniker zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte der beiden Institutionen als kombiniertes Orchester spielten.
Bald danach hielten aber die Pop- und Rock-Künstler Einzug. David Bowie und Tina Turner, Coldplay und Robbie Williams, Rapper wie Raf Camora und der Wu-Tang Clan, aber auch Lady Gaga und Rihanna sind dort aufgetreten. Die Wiener Stadthalle hat den Aufstieg dieser Genres von einem Untergrundphänomen der Kultur zur Massenbewegung begleitet, beherbergt und mitgestaltet.
Aber – gebaut in einer Zeit, in der Rockbands mit ein paar Verstärkern und Spotlights anreisten – kann sie jetzt nur mehr schwer mit den Anforderungen immer größer und bombastischer werdenden Shows mit tonnenschweren Bühnenkulissen und monströsen LED-Wänden der Top-Acts der Szene mithalten.
Große Produktionen zeigen der Venue ihre Grenzen auf
„Bei großen Produktionen wie der Swing-Show von Robbie Williams, oder der Show von Lady Gaga, sind wir in der Stadthalle schon an Grenzen gestoßen“, erklärt Tatar. „Es hat zwar nie dazu geführt, dass wir eine Show nicht spielen konnten. Wir haben versucht, Lösungen zu finden, und haben sie auch gefunden. Aber das war schwierig.“
Dazu kommt, dass die Stadthalle zwar in der Kapazität variabel gestaltet werden kann, das aber nicht so schnell, wie es heute Standard wäre. Wenn Tatar für einen Act die größte Kapazität (ohne die Ost- und und die unteren Seitentribünen, wo Raum für Stehplätze ist) gebraucht hat, musste er sie für drei Tage reservieren, weil der Ab- und Rückbau der Tribünen diese Extratage gebraucht hat – Tage, in denen die Halle auch nicht bespielt werden kann. Rein technisch ist das aber heute schon in ein paar Stunden möglich.
Ein weiterer Punkt, der sowohl bei Künstlern, als auch bei den Zuschauern immer wieder an der Stadthalle kritisiert wird, ist die veraltete Klimaanlage – man erinnert sich an die Saunatemperaturen bei Justin Timberlake oder Metallica.
Eine Krise gibt es auch beim Saalklima
„Speziell bei den Sommershows haben gewisse Künstler gefordert, dass es in der Halle eine bestimmte Temperatur haben soll“, erzählt Tatar. „So, wie sie es gerne gehabt hätten, war das nicht möglich. Allerdings muss ich auch da dazu sagen, dass das nie ein Grund war, die Shows nicht zu spielen.“
Insofern wäre eine neue Halle, die am letzten Stand der Technik ist, eine Erleichterung für Veranstalter. Wichtig ist diese Halle in jedem Fall für die Konkurrenzfähigkeit von Wien gegenüber Hallen in anderen Städten etwa Berlin und Köln. Künstler und Managements spielen ihre Shows natürlich lieber dort, wo sie es leichter haben , wo sie statt 16.000 Tickets – wie derzeit in der Stadthalle möglich – 20.000 verkaufen können.
Denn bei aller Liebe zur Musik – Konzerte sind mindestens für alle, die hinter den Kulissen agieren, auch Business. Und 65 Jahre nachdem die Stadthalle erbaut wurde jetzt auch Big Business.
Kommentare