"Bodyguard" kommt nach Wien: Wieder ein Jukebox-Musical

"Bodyguard" kommt nach Wien: Wieder ein Jukebox-Musical
In September startet das Whitney-Houston-Musical im Ronacher. Markus Spiegel sah für den KURIER die Show vorab.

Die Vampire des Ronachers haben lange und ausgiebig in Wien zugebissen. Die erfolgreiche Wiederaufnahme des Musicals „Tanz der Vampire“ schließt am 27. Juni diesen Jahres. Da die angekündigten VBW Eigenproduktionen „Der dritte Mann“ und „Casanova“ sich immer noch im Entwicklungsstadium befinden, ging Intendant Christian Struppeck shoppen und wurde fündig. „Bodyguard“ heißt das Stück nach dem gleichnamigen Blockbuster-Film aus dem Jahre 1992 mit Whitney Houston und Kevin Costner. Eine englische Originalproduktion, die derzeit in mehreren Ländern gezeigt wird. Premiere der österreichischen Erstaufführung ist am 27. September 2018 im Wiener Ronacher. Es wird englisch gesungen, die Dialoge sind in Deutsch und eine Band spielt live und nicht vom Band, wie sonst so oft.

Grund genug für Ihren Autor, eine Aufführung in Stuttgart zu besuchen um einen ersten Eindruck zu gewinnen, was uns in Wien erwartet.

Die Handlung ist rasch erzählt: Popdiva Rachel Marron verliebt sich in ihren Bodyguard Frank Farmer, der stetig bemüht ist, sie vor einem psychopathischen Stalker zu retten. Als „Romantic Thriller“ ein eher rares Genre am Showmarkt.

Ohne neue Songs

Neue Kompositionen gibt es keine, „nur“ die bekannten Hits von Whitney Houston, wie „One Moment in Time“, „I Have Nothing“, „I Wanna Dance With Somebody“ und das unverwüstliche „I Will Always Love You“. Insgesamt kommen 16 Songs zur Aufführung, deutlich mehr als im Film.

Whitney Houston konnte sieben Nr. 1 Hits in den US Charts verbuchen. Also wieder, wie schon gehabt, ein Jukebox Musical mit wahrscheinlich hohem Publikumszuspruch. Aber in diesem Fall wird es schwieriger als sonst. Die Casting Abteilung der Musical-Sparte der Vereinigten Bühnen ist gefordert und unweigerlich auf dem Prüfstand. Gesucht werden eine charismatische Popdiva mit fulminantem Stimmvolumen und mehr als ein Dutzend Tänzer mit Chippendale-Appeal, die bei hohem Qualitätsanspruch in unseren Breiten rar sind. Und Zweitbesetzungen müssen ja auch noch engagiert werden. Falls die Songs nicht exzellent gesungen werden, erinnern sie an abgestandenes Granderwasser.

Die Produktionskosten entsprechen denen einer Popbühne. Alleine im Bühnenbild sind 310 Full-Video-LED-Panele eingebaut, die für entsprechende Lichteffekte sorgen. 100 Lautsprecher-Kabinette unterstützen eine für diese mittelmäßigen Arrangements magere achtköpfige Band. Schade, aber prinzipiell sind Musiker im kommerziellen Musiktheater ein ungern gesehener Kostenfaktor. Ein Wow-Effekt der Bühnentechnik sei verraten: die Personenabschussrampe, in der Fachsprache auch „Toaster“ genannt. Mit einer Geschwindigkeit von vier Metern pro Sekunde werden Tänzer von einem mehrere Meter tiefen Schacht der Unterbühne auf die Bühne „katapultiert“.

Die Besetzung in Stuttgart kommt halbwegs über die Runden, obwohl Aisata Blackman, eine holländische Sängerin mit karibischen Wurzeln, als Popdiva Rachel Marron optisch mehr als stimmlich überzeugt. Ihre Schwester Nicky, gespielt von Zodka K.M. Selele, liegt eine Klasse drunter. Die Herren, allen voran der smarte Jadran Malkowich als Bodyguard, agieren gut bis passabel.

Die Show selbst ist erstaunlich gut gebaut und kurzweilig. Der renommierten britischen Regisseurin Thea Sharrock merkt man deutlich an, dass sie vom Sprechtheater kommt. Ihre Inszenierungen am Donmar, Almeida und National Theatre in London wurden mehrfach preisgekrönt. Mit „Bodyguard“, ihrer ersten Musicalinszenierung, empfiehlt sie sich vehement für das Musiktheater.

Der deutsche Veranstalter Stage Entertainment bewirbt das Musical mit dem Slogan „Große Stimmen – Große Emotionen“. Das traut sich Wien noch nicht. Der Chef der Vereinigten Bühnen, Franz Patay, meinte kürzlich „Ich war auch in Stuttgart. Aber wir machen es besser!“ Sein Versprechen in Ehren, warten wir auf die Premiere.

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