Wes Anderson: Hundegrippe und Schnauzenfieber zum Auftakt der Berlinale
Die Berlinale ist nicht berühmt für ihre guten Eröffnungsfilme – es sei denn, sie stammen von Wes Anderson. Der US-Regisseur hatte bereits vor vier Jahren mit "Grand Budapest Hotel" das Premieren-Publikum begeistert – und schaffte es heuer wieder: Sein hinreißendes Zeichentrick-Drama "Isle of Dogs" bestach mit witzig-wundervollen Hundehelden, makellos symmetrischen Bildern und gefinkelten Details das Zuschauerauge.
"Isle of Dogs" ist nach "Der fantastische Mr. Fox" Andersons zweiter Animationsfilm, jedoch der erste, der jemals eine Berlinale eröffnete.
Um seine Geschichte von erkrankten Hunden zu erzählen, die in einem düster-dystopischen Japan vom Bürgermeister auf einer Müll-Insel ausgesetzt werden, verwendete Anderson das sogenannte Stop-Motion-Verfahren. In diesem Verfahren der alten Schule, das schon Filmpioniere wie Georges Méliès 1896 für ihre Filmtricks anwendeten, werden handgemachte Modelle einzeln abfotografiert. Digitale Effekte fehlen weitgehend: "Ich steh’ auf diese Technik", verkündete ein strahlender Wes Anderson, wie üblich im tadellosen Dandy-Look und mit Kamelhaarfarbener Krawatte, auf der ersten Pressekonferenz der 68. Berlinale: "Sie ist altmodisch, und ich verbinde sie mit der Geschichte des Kinos. Aber wir haben sie mit neuester Technologie an ihre Grenzen getrieben."
Tatsächlich hätte die erste Idee zu seinem Film – "Hunde, die auf einer Müll-Insel leben" – nicht übermäßig attraktiv geklungen, gibt Anderson fröhlich zu: "Aber ich wollte sie mit meiner Liebe zum japanischen Kino verbinden – und zu den Filmen von Regisseur Akira Kurosawa ("Die sieben Samurai", Anm.) und dem Animtionskünstler Hayao Miyazaki ("Chihiros Reise ins Zauberland", Anm.)."
Japan hin oder her, Andersons charakteristische Handschrift ist unverkennbar: In streng komponierten Bildern arrangiert er seine zotteligen Helden zu (kleinteiligen) Tableaus, oft mit komischen ("Ich mach nicht Sitz!") Details. Alle Tiere sind Opfer der Anti-Hunde-Politik des korrupten Bürgermeisters, der in seinem Hass Hunde mit einem Virus für Schnauzenfieber infiziert und sie dann auf dem scheußlichen Trash-Island abwirft.
Englisch Bellen
Dort balgt sich eine Gruppe niesender Fellträger unter ihrem Anführer Chief um Abfallreste und diskutiert mit typischem Anderson-Humor ("Jegliches Bellen wurde ins Englische übertragen") ihre missliche Lage. Als eines Tages ein Zwölfjähriger auftaucht und seinen verlorenen Hund Spots sucht, bekommt er von Chief und seinen Freunden Unterstützung.
Natürlich legt die grausame Anti-Hund-Politik des Chef-Tyrannen und seine Manipulation von TV-Nachrichten Anklänge an zeitgenössische Realpolitik nahe. Dazu befragt, hält sich Anderson (halb) bedeckt: Die Arbeit am Film hätte sich über Jahre hingezogen, doch wären "Inspirationen aus dem wirklichen Leben" in die Geschichte eingeflossen.
An Wes Andersons Seite sitzt übrigens eine Reihe gut gelaunter, hochrangiger Schauspieler, die den Hundehelden ihre Stimme borgten: Der immer lustige Bill Murray, Bryan Cranston ("Breaking Bad"), Jeff "Die Fliege" Goldblum, Tilda Swinton und Greta Gerwig – sie sorgten für Glanz bei dem Schaulauf über den roten Teppich.
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