Wer waren die Monuments Men?

US-Soldaten inspizieren das Gemälde "Wintergarten" von Edouard Manet, das in einem Salzbergwerk in Deutschland versteckt worden war.
Der George-Clooney-Film erzählt ein wenig beachtetes Stück Kriegsgeschichte

Ungewöhnliche Helden – so lautet der deutsche Untertitel des Films „Monuments Men“, der am kommenden Samstag bei der Berlinale Premiere hat und am 20. Februar in den österreichischen Kinos startet.

Tatsächlich waren die Angehörigen der so genannten „Monuments, Fine Arts and Archives Section“ (MFAA), denen Superstar George Clooney in diesem Film ein Denkmal setzt, keine klassischen Helden: Zusammengesetzt aus Kunsthistorikern, Künstlern und Restauratoren, machte sich die Spezialeinheit ab 1943 daran, von den Nazis geraubte Kunstschätze wieder ans Tageslicht zu bringen und Denkmäler vor Beschädigung durch vorrückende Alliierte zu schützen. General Eisenhower erließ elf Tage vor der Landung in der Normandie den Befehl zum größtmöglichen Schutz von Kunstwerken.

Doch es fehlte der MFAA an Geld, Personal, Transportmitteln und Befugnissen. So blieben die wenigen „Monuments Men“ weitgehend Einzelkämpfer, angewiesen auf ihre Überzeugungskraft und den Goodwill der jeweiligen Kommandierenden. Sie retteten Kunstwerke und waren nach dem Krieg daran beteiligt, dass diese den Vorbesitzern zurückgegeben wurden.

Heldengeschichte

Das ist der Stoff, aus dem in Hollywood Heldengeschichten gestrickt werden. Doch bei aller Heldenhaftigkeit konnten die „Monuments Men“ – unter denen sich zahlreiche Frauen befanden – nicht verhindern, dass das Thema der NS-Raubkunst bis heute eine unerledigte und kontroversielle Angelegenheit bleibt.

Weswegen Clooneys Film wohl unweigerlich Debatten nach sich ziehen wird: Denn bei Weitem nicht jedes Werk, das die „Monuments Men“ sammelten, gelangte an die rechtmäßigen Besitzer zurück.
Ein Rubens-Bildnis der Heiligen Katharina, das in Wiesbaden registriert worden war, tauchte etwa 1950 in Los Angeles auf, berichtete die New York Times – offenbar wurde dieses Bild in die USA „mitgenommen“. Dank der Katalogisierungsarbeit einer Mitarbeiterin konnte es retourniert werden.

Gurlitt

Auch Teile der Sammlung von Hildebrand Gurlitt gingen nach dem Krieg durch die Hände der „Monuments Men“ – und wurden dann an den Kunstsammler zurückgegeben. Nun sind die Werke in München bei Gurlitts Sohn Cornelius wieder aufgetaucht – und wurden zum Auslöser eines hitzigen Streits um den Umgang Deutschlands mit Raubkunst.

Einen Dienst könnten die „Monuments Men“ aber in Sachen Raubkunst noch erweisen: Der Film könnte der Provenienzforschung zusätzliche Aufmerksamkeit verschaffen. Denn „es hat keinen Sinn, zu vertuschen. Es hat keinen Sinn, etwas schönzureden“, sagt die Wiener Provenienzforscherin Sophie Lillie zur APA. „Die Vergangenheit wirkt in die Gegenwart. Wenn wir nicht versuchen, das zu lösen, bleibt das Trauma bestehen.“

Im Windschatten von George Clooney und Matt Damon lernt es sich leichter – und Museen, Archive, Webseiten und Autoren inner- und außerhalb der USA nützen die Gelegenheit, um Kunstwerke und Geschichten im Umfeld der „Monuments Men“ zu beleuchten.

„In den Fußstapfen der Monuments Men“ kann man sich etwa durch das Metropolitan Museum in New York bewegen: Ein eigener Rundgang (Guide auf metmuseum.org) führt zu Werken, die von „Monuments Men“ gefunden und zurückgegeben wurden und später im Museum landeten. Einige „Monuments Men“ hatten sich aus dem Personal des Metropolitan rekrutiert. Der Prominenteste war James J. Rorimer, im Film dargestellt von Matt Damon.

Auch das weniger bekannte Worcester Art Museum in Massachusetts brüstet sich mit einem „Hauptdarsteller“: George Stout (gespielt von George Clooney) war dort Restaurator und wird nun anlässlich des Filmes mit einer Ausstellung gewürdigt. Das Archive of American Art bietet auf der Webseite Interviews mit Original-„Monuments Men“ zum Nachhören.

Altaussee

Eine der heißesten Spuren führte die „Monuments Men“ zum Salzbergwerk ins steirische Altaussee. Hier lagerten u.a. 6.577 Gemälde und 230 Zeichnungen und Aquarelle.
Unter welchen dramatischen Umständen die von den Nazis beabsichtigte Zerstörung von Kunstwerken wie Michelangelos „Brügger Madonna“ oder Vermeers „Maler in seinem Atelier“ verhindert wurde und die Werke schließlich geborgen werden konnten, zeigt KURIER-Redakteur Konrad Kramar in seinem Buch „Mission Michelangelo“.

Es ist ein Film, der mehr Gegenwartsbezug hat, als uns allen recht sein kann: Die „Monuments Men“ haben sich der Rettung bedeutender Werke und der Sicherstellung von geraubter Kunst im und nach dem Zweiten Weltkrieg verschrieben.

Aber auch jetzt noch, bald 70 Jahre später, ist diese zweite Aufgabe nicht abgeschlossen. Immer noch zeigen Museen Kunst, die durch die Nationalsozialisten geraubt oder aus öffentlichen Sammlungen verbannt und in Folge am internationalen Markt verschleudert wurde. Immer noch sind viele durch das NS-Regime enteignete Werke verschollen, und wohl zum Teil nicht zerstört, sondern in den Händen privater Sammler.

Immer noch wirkt damit jene obszöne „Kulturpolitik“ nach, die den Nationalsozialisten so wichtig war. Zusätzliche Brisanz hat der Film noch durch den Fall Gurlitt bekommen. Nach dem Krieg beschlagnahmten die „Monuments Men“ einen Teil der Sammlung von Hildebrand Gurlitt, der unter den Nazis ein wichtiger Kunsthändler war. Sie gaben sich mit Gurlitts Erklärung zufrieden, dass er die Bilder rechtmäßig erworben hatte, und retournierten die Werke.

Jetzt tauchte die Sammlung in der Wohnung von Gurlitts Sohn Cornelius wieder auf – ein Fiasko für Deutschland: Denn im gleißenden medialen Scheinwerferlicht zeigte sich dadurch deutlich wie nie, wie viele Raubkunst-Fragen immer noch ungeklärt sind.

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