Wenn vieles am Theater plemplem wirkt

Wenn vieles am Theater plemplem wirkt
Im Wiener Raimund Theater: Standing Ovations für Peter Turrini. Er erhielt den Nestroy-Preis für sein Lebenswerk und Peter Handke den Autorenpreis.

Standing Ovations gab's für Peter Turrini Montagabend im Raimund Theater bei der 12. Nestroy-Preis-Verleihung. Das launige Trio Rudi "Seyffenstein" Roubinek, Gregor Seberg und Katharina Strasser moderierte in der Dekoration des Musicals "Ich war noch niemals in New York". Peter Turrini freute sich sehr über den Nestroy-Preis für sein Lebenswerk und holte dann zum verbalen Rundumschlag aus. Turrini sagte, er gerate "zunehmend in Wut, dass der Beruf des Dramatikers immer weniger ernst genommen wird".

Zornige Abrechnung

Da nahm sich einer kein Blatt vor den Mund. Da kam einer in Rage, in der Vehemenz der Rede von Daniel Kehlmann bei den Salzburger Festspielen 2009 durchaus ebenbürtig. Turrini kritisierte die Regisseure und Dramaturgen, "die Alltagssprache mit Dichterworten mischen". Überhaupt komme ihm heute "vieles am Theater plemplem" vor. Kirsten Dene hielt die von Literatur-Nobelpreis-Trägerin Elfriede Jelinek geschriebene Laudatio auf Turrini, der sein ganzes Werk "als ein Werk der Hoffnung sieht - auch wenn es schrecklich zugeht in meinen Stücken".

Überraschungen

Sarah Viktoria Frick, unvergesslich als Beppi in "Stallerhof" von Franz Xaver Kroetz, war, weil in der Baby-Pause, nicht da, wurde aber als beste Schauspielerin geehrt. Peter Handke hingegen kam und wurde mit dem Autorenpreis für das beste Stück für sein bei den Salzburger Festspielen uraufgeführtes Kärntner Partisanen-Poem "Immer noch Sturm" ausgezeichnet. "Peter schreibt seine Stücke, ohne ans Theater zu denken. Das macht sie plastisch, lebendig und zeitlos", sagte ein guter Freund als Laudator: Luc Bondy. Der Festwochen-Intendant wird im Frühjahr im Akademietheater Handkes neuestes Stück "Die schönen Tage von Aranjuez" inszenieren. Peter Handke wünscht sich, "dass sich die Theater mehr auf Stücke konzentrieren und weniger auf Textflächen und Romandramatisierungen."

Völlig überrascht zeigte sich Max Mayer vom Schauspielhaus, siegreich in der Kategorie "Bester Schauspieler", u. a. als Jäger namens Fischer in "Grillenparz" von Thomas Arzt. Thomas Schulte-Michels wurde für sein Bühnenbild zu "Herr Puntila und sein Knecht Matti" am Volkstheater (Beste Ausstattung) gewürdigt.
Den Preis für Andrea Breth (Beste Regie), die ebenso wie Udo Samel (Beste Nebenrolle für seine Darstellungen des Narbonne in "Der Parasit" von Friedrich Schiller und des Dr. Pflugfelder in "Professor Bernardi" von Arthur Schnitzler am Burgtheater) in Düsseldorf probt, holte Roland Koch ab.

Beim Publikumspreis hat sich Eleonore Bürcher, die Doyenne des Schauspielensembles am Tiroler Landestheater, immerhin gegen Michael Maertens und Erwin Steinhauer durchgesetzt. Beste Bundesländer-Aufführung war "Amerika" nach Franz Kafka vom Stadttheater Klagenfurt. In der Kategorie der besten deutschsprachigen Aufführungen war Hauptmanns Klassiker "Die Weber" - Regie: Michael Thalheimer - vom Deutschen Theater Berlin siegreich. Das Stück aus dem 19. Jahrhundert sei auch in der Gegenwart von hoher politischer Aktualität, so die Jury.

Franz Wittenbrink gestand: "Ich habe mich durch alle Würstelsorten gegessen." Zur Vorbereitung auf den Liederabend "Eh wurscht" (Jury-Spezialpreis), der an einem Würstelstand spielt. Die Trophäe für die beste Off-Produktion ging an "Ganymed
Boarding", dotiert mit 30.000 € von der Stadt Wien. 16 Autoren von Elfriede Jelinek bis Peter Handke, von Juli Zeh bis Angelika Reitzer, schrieben Texte zu Gemälden im Kunsthistorischen Museum, das bei diesem Gipfeltreffen von Kunst, Literatur und Musik zum Schauplatz, Lust- und Streitobjekt wurde.

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