In „Tom auf dem Lande“ des kanadischen Dramatikers Michel Marc Bouchard, 2011 uraufgeführt, steht die Titelfigur einer geradezu gespenstischen Frau gegenüber. Der erste Eindruck vom kahlköpfigen Klaus Müller-Beck im nonnenstrengen Trauerkostüm täuscht aber: Seine Agathe ist eine verzweifelte, enorm gütige Mutter, die ahnt, dass Gravierendes nicht stimmt.
Ihr sei – angeblich – nicht zumutbar, die Wahrheit über die sexuelle Ausrichtung von Guillaume zu erfahren, der mit 25 ums Leben kam. Tom, zum Begräbnis angereist, wird gezwungen, eine heterosexuelle Lebensgeschichte aufzutischen. Und der Städter fügt sich Francis, dem äußerst brutalen Bruder von Guillaume (der jedoch etwas Faszinierendes hat).
Man ahnt es schon bald: Das kann nur tragisch enden, auch wenn Müller-Beck, der die streng durchchoreografierte, fast abstrakte Inszenierung überstrahlt, zwischendurch für die notwendige Heiterkeit sorgt – mit einem Nudelsalat-Exkurs.
Sara Ostertag und ihre langjährige Bühnenbildnerin Nanna Neudeck verschießen ihr Pulver aber nicht gleich: Erst zur Halbzeit teilt sich die kleine Tribüne, auf der sich Jonatan Salgado Romero als Guillaume quasi geopfert hat. Und es bläst sich eine Hüpfburg rund um einen elektrischen Bullen auf: eine machtvolle Metapher, Spielwiese für Szenen der Gewalt. Tom (Daniel Klausner) bleibt Francis (Markus Ransmayr) ausgeliefert, aber zumindest Ostertag endet hoffnungsfroh. Eine beeindruckende Performance.
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