Wenn das Alter einmal so gar keine Rolle spielt

Der "dienstälteste" philharmonische Dirigent war dieses Jahr bereits beim Sommernachtskonzert in Schönbrunn im Einsatz.
Kritik: Die Wiener Philharmoniker mit dem 83-jährigen Maestro Lorin Maazel.

Das nennt man wohl Kontinuität. Das Sommernachtskonzert in Schönbrunn, Auftritte bei den Salzburger Festspielen sowie beim Musikfestival Grafenegg, eine kleine Europa-Tournee und nun die Saison-Eröffnung im Musikverein: Kaum ein anderer Dirigent war in den vergangenen Monaten am Pult der Wiener Philharmoniker so präsent wie Lorin Maazel.

Und der 83-jährige Maestro – er ist seit seinem Debüt vor mehr als 51 Jahren auch der „dienstälteste“ philharmonische Dirigent – weiß natürlich bestens um die Qualitäten des Klangkörpers Bescheid, nimmt dessen künstlerische Angebote stets dankbar an. Etwa bei Bruckners achter Symphonie. Oder zum Auftakt der Abo-Konzerte bei einem russischen Programm.

Daher klang Tschaikowskys „Suite für Orchester Nr. 3 in G-Dur“ tatsächlich wie sie klingen sollte, nämlich wie eine verkappte Symphonie. Maazel ließ die Musiker bei der „Elegie“, beim „Walzer“ aufspielen; ein Ereignis die zwölf höchst diffizilen Variationen des Finales. Ein Sonderlob gebührt hier dem Konzertmeister Rainer Honeck, der bei seinen Soli glänzte und auch im zweiten Teil des Konzerts brillierte.

Dieser galt der unter der Bedrohung stalinistischer „Säuberungen“ komponierten fünften Symphonie von Dmitri Schostakowitsch – ein scheinbares Zugeständnis an den Diktator. Bei Maazel und den Wienern aber wurde – aller grandiosen Märsche zum Trotz – das Tragische, die Verzweiflung, die Angst spürbar. Effektvoll ja, gemütlich nein: In meist perfektem Schönklang wurde ein Stück (Musik-)Geschichte hörbar. Ein guter Auftakt.

KURIER-Wertung:

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