Wenn man wieder einmal vor der schwierigen Frage steht, ob man den echten Weihnachtsmann vor sich stehen hat oder nur eine billige Kopie, dann empfiehlt es sich, seinen Handschweiß zu überprüfen. Wenn der glitzert, hat man den echten Santa vor sich. Und seine Fürze riechen nach Zimt. Das sind Erkenntnisse aus „Viel Wirbel um Weihnachten“ auf Disney+. Eddie, gespielt von Rapper Ludacris, bekommt vom Mann mit der roten Mütze eine ganze Menge solcher Hinweise, aber er will es ihm nicht und nicht glauben. Kunststück, hatte er doch in seiner Kindheit ein traumatisches Erlebnis unterm Christbaum, als sich herausstellte, dass der Nikolaus nichts aus seinem Sack holte, aber dafür umso mehr hineinsteckte. Er war nämlich ein ganz unweihnachtlicher Dieb.
„Viel Wirbel um Weihnachten“ ist nur einer aus einer ganzen Reihe an saisonal gefärbten Filmen, die die Streaming-Plattformen dieser Tage fluten. Und er ist noch einer der brauchbaren. Mit über 15 solcher Produktionen kann man sich die Zeit, die man eh nicht hat vor Weihnachten, auf Netflix, Amazon Prime und Disney+ vertreiben. Die größte Auswahl hat Netflix, wobei man ja weiß, wie das mit der Quantität und der Qualität am Gabentisch ist. Meistens wäre einem ja auch ein kleines, aber hochkarätiges Packerl lieber als ein Haufen Geschenke mit Ramschinhalt. Ähnlich verhält es sich bei Netflix, da muss man sich auch durch einen Berg von offenbar auf dem Fließband produzierten Schmonzetten kämpfen.
Klischees mit Kitsch
Zum Beispiel „Das perfekte Weihnachtsdinner“, eine Liebesgeschichte zwischen einer Gastronomin und dem Neffen ihrer Kundin – eine witzlose Klischeesammlung, die die hölzerne Synchronisation so richtig unerträglich macht. Von Filmen dieser Machart gibt es einige, das Konzept hat sich Netflix vom US-Kabelsender Hallmark abgeschaut. Der lebt immerhin seit Jahren praktisch nur von der Sehnsucht der Seherschaft nach romantischem Kitsch ohne umständliche Realitätszutaten.
Wie man sich auch in einem Weihnachtsfilm im Ton vergreifen kann, zeigt „Weihnachten mal anders“. Thea fährt mit Jashan nach Norwegen, um in ihrer Heimat ein Wie-immer-Weihnachtsfest zu feiern. Schon im Taxi zieht sie sich den traditionellen Norwegerpulli an, was Norweger halt so tun. Der indisch-stämmige Verlobte wird allerdings nicht sehr freundlich empfangen, denn im trauten Familienheim ist sogar der Golden Retriever (!) rassistisch. Die Gemeinheiten, die Jashan unerschütterlich aushält, sind weder lustig noch aufrüttelnd – ein missglückter „,Monsieur Claude’ im Tiefschnee“.
Spitzenreiter in den Netflix-Charts ist aber seit einiger Zeit die Fantasy-Komödie „Family Switch“ mit Jennifer Garner und Ed Helms: Eine Familie streitet sich so lange, bis das Universum einen Blitz schickt, der ihnen Körpertäusche beschert. Der Vater steckt nun im Sohn und umgekehrt und bei Mutter und Tochter ist es auch nicht anders. Kommt einem bekannt vor? Ja, aber charmanterweise spielt schon der erste Dialog in verdrehten Rollen auf alle Vorgänger des Genres an – unter anderem „30 über Nacht“ mit, genau, Jennifer Garner. Wenn man von kurz verstörenden Inzest-Andeutungen absieht, ist „Family Switch“ aber kurzweilige Unterhaltung.
Durcheinander kommt auch einiges bei „Weihnachten bei dir oder bei mir 2“, der Fortsetzung einer britischen Vorjahresproduktion auf Amazon mit Asa Butterfield („Sex Education“). Schon in Teil 1 hat das Paar James und Hailey unabsichtlich das Fest jeweils bei der Familie des anderen verbracht: Hailey beim griesgrämigen adeligen Vater von James und James bei Haileys Eltern, die sich nicht so gewählt ausdrücken. Teil 2 ist nun vor allem für österreichische Zuseher auf bizarre Weise sehenswert. Dann, wenn man wieder einmal sehen will, wie sich Filmemacher Österreich vorstellen, die ganz sicher noch nie da waren. Selbst wenn sie wirklich dort gedreht haben. Die Familien vertauschen diesmal die Hotels. Hailey landet mit Anhang im Luxushotel und James und Co in der Hütte von Rudolf (Karl Markovics!), dessen Schneepflug glamouröser wohnt als seine Gäste. Der Film hat einen seltsamen Reiz, wenn die Tiroler Rollen so sprechen, als würde Harald Schmidt Schönbrunner Wienerisch nachahmen. Und nach dem dritten Punsch muss man sich nur mehr ein bisschen fremdschämen, wenn es radebrechend heißt: „I mog Ihren Oachkatzlschwoaf“.
Mehr lesen: Eddie Murphy und der etwas andere Geist der Weihnacht
Kommentare