Warum sie Obama kritisiert

Warum sie Obama kritisiert
Die Rockmusikerin, Performerin und Punk-Legende ist derzeit auf Wien-Besuch bei der Viennale, präsentiert einen Film und wünscht sich den Wahlsieg des Amtsinhabers.

Beinahe hätte es Patti Smith nicht nach Wien geschafft. Nur schweren Herzens ließ die Rockmusikerin und Performerin Familie und Freunde in dem von Hurrikan "Sandy" verwüsteten New York zurück und reiste nach Wien – eine ihrer Lieblingsstädte, wie sie gegenüber dem KURIER betonte. Das Filmfestival Viennale hatte die Künstlerin eingeladen, um ein Konzert zu geben und einen Film von Jem Cohen ("Museum Hours") zu präsentieren, den sie mitproduziert hatte. Patti Smith, ehemalige Partnerin des radikalen Fotografen Robert Mapplethorpe und Weggefährtin von Vertretern der sogenannten Beatnik-Generation wie Allen Ginsberg oder William S. Burroughs, ist eine Hohepriesterin des liberalen Amerika. Naturgemäß wünscht sie sich nichts mehr als den Sieg Obamas.

KURIER: Wie haben Sie den Sturm in New York überstanden?
Patti Smith:
Für mich war der Sturm hauptsächlich deprimierend und sehr unangenehm, aber bei weitem nicht so niederschmetternd wie für viele andere Leute, die alles verloren haben. Ich saß sechs Tage ohne Elektrizität, Heizung und Internet mit meinen Katzen zu Hause – und irgendwann ging uns auch das Essen aus.

Wird sich "Sandy" auf die Wahlen auswirken?
Gerade an der Ostküste könnte es passieren, dass manche Menschen immer noch ohne Strom dasitzen und deswegen nicht wählen gehen können. Und das wären wahrscheinlich potenzielle Obama- Wähler. Andererseits neigen die Amerikaner dazu, in Krisenzeiten nicht das Pferd zu wechseln und bei jemanden zu bleiben, den sie kennen. Das könnte Obama helfen.

Auch der republikanische Bürgermeister New Yorks, Michael Bloomberg, hat Obama empfohlen...
...Und das, obwohl er ein sehr konservativer Mann ist. Aber Blooberg liegt die Umweltpolitik am Herzen liegt und er sich Sorgen wegen der Klimaveränderung macht. Obama steht für jemanden, der sich um solche Dinge kümmern könnte." Ein Sturm wie "Sandy" und seine katastrophalen Auswirkungen wären einmalig in der Geschichte New Yorks gewesen und stimmten gerade in Hinsicht auf Umweltpolitik und Klimawandel überaus nachdenklich.

Sie sind Obama-Fan?
Ich hoffe sehr, dass er gewinnt. Aber es gibt genügend Dinge, mit denen ich nicht übereinstimme – gerade was Obamas militärische Aktivitäten betrifft. Trotzdem glaube ich, dass seine Absichten genuin gut sind und dass er sich global mit Leidenschaft einsetzen wird. Jedenfalls mehr als sein Herausforderer Mitt Romney.

Sie waren in Protestbewegungen aktiv. Was hat sich im Vergleich zu heute geändert?
In den 1960er- und ’70er-Jahren gab es eine große Bewegung gegen den Vietnam-Krieg, die Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft zusammengeschmiedet hat. Wir hörten alle Bob Dylan, die Beatles und Neil Young und hatten eine gemeinsame, kulturelle Stimme. Heute ist das alles zersplittert.

Was würde denn die Menschen heute stärker vereinen?
Der 11. September 2001 wäre der perfekte Zeitpunkt für uns Amerikaner gewesen, zu versuchen, andere Kulturen besser zu verstehen. Stattdessen sind wir in den Irak einmarschiert und haben uns isoliert. Seitdem herrscht Angst – und nicht einmal die Künstler haben sich genügend gegen den Krieg engagiert. Aber gerade die Umweltpolitik bietet die Chance auf ein gemeinsames Engagement. Ich hoffe nur, dass es nicht einer großen Katastrophe bedarf, damit die Leute zusammenfinden und für eine Sache kämpfen."

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