Warum der "Lohengrin" der Staatsoper eine Hütteldorfer Szenerie hat

Warum der "Lohengrin" der Staatsoper eine Hütteldorfer Szenerie hat
Bühnenbildnerin Anna Viebrock über die Inspiration zur sehr speziellen Ausstattung der Wagner-Oper.

Für viele Opernbesucher wirkt es vielleicht unauffällig, wie eine Hafenszenerie mit Leuchtturm. Ortskundigen aus Wien fiel es aber wohl wie Schuppen von den Augen: Wagners "Lohengrin" an der Wiener Staatsoper spielt zwischen Hütteldorf und Auhof? Dieses nicht unwesentliche Detail fiel dem KURIER bereits 2022 bei der Premiere der Inszenierung von Jossi Wieler  und Sergio Morabito bei den Salzburger Osterfestspielen auf. Die Kritik trug den Titel: "Der Schwanenritter am Wienfluss."

Wenn man den Ort kennt, und auch die dort aufgesprayten Graffiti, bleibt kein Zweifel, dass die Inspiration vom Rückhaltebecken Auhof stammt.  Aber wie kommt eine vielbeschäftigte Bühnenbildnerin aus Deutschland auf diese spezielle Szenerie?

 

SALZBURGER OSTERFESTSPIELE 2022:  FOTOPROBE ?LOHENGRIN?

Das Bühnenbild in der breiteren Salzburger Version

Nun, anlässlich der Fortführung der Ko-Produktion an der Wiener Staatsoper, sagt Anna Viebrock zu ihren Beweggründen: "Als ich dabei war, das Bühnenbild für ,Lohengrin' zu entwerfen, war mir klar, dass es einen Kanal geben sollte, in dem Gottfried ertrunken war. Dazu wollte ich die vordere Podiumsversenkung benutzen." Die mit 25 Metern sehr breite Bühne im Großen Festspielhaus Salzburg verleitete Viebrock zu der "Vorstellung, dass man einen ziemlich langen Kanal ,bauen' könnte, auf dem der Einfall der Sachsen auf Pontons passieren sollte". Diese Pontons sollten von links unter einer Brückenkonstruktion hineinfahren.

Dass man bei einer "Brückenkonstruktion" auf die Wiener Westausfahrt bei Auhof kommen könnte, wäre also ein Erklärungsmodell. Trotzdem muss man erst irgendwie auf diesen speziellen, gar nicht so leicht zugänglichen Ort kommen.

Aus Hütteldorf

"Längere Zeit habe ich mich eher mit der Landschaft an der Schelde und Wehrbauten beschäftigt", sagt Viebrock. "Durch meinen Ko-Bühnenbildner Torsten Köpf, der in Hütteldorf wohnt und der mir Bilder von der Anlage dort zeigte, bin ich dann auf diese Anlage gekommen." Sie sei hingefahren und habe dort fotografiert.  "Diese historisierende, mich an den Wilhelminismus erinnernde Architektur schien mir sehr passend für das doch historisierende Thema dieser ,Ritteroper'. Es erinnerte mich an Burgen aus Märchenbüchern dieser Zeit."

Warum der "Lohengrin" der Staatsoper eine Hütteldorfer Szenerie hat

Das Rückhaltebecken Auhof, dahinter die Westausfahrt bei Wien-Hütteldorf

Der Turm und die "burgähnliche Anlage" hätten ihr so gefallen, "dass ich ihn als ,Schloss' in das Bühnenbild integriert habe", fährt Viebrock fort. Aber nicht nur die Silhouette des Rückhaltebeckens wurde übernommen, auch Details aus den echten Graffiti vor Ort.

King statt Queen

"Den Schriftzug KING habe ich dann auch übernommen", erklärt die Bühnenbildnerin, weil es ein Hinweis auf die Tatsache ist, dass Elsa keine Chance hat, weil es keine Queen als Nachfolgerin auf dem Thron ihres verstobenen Vaters geben kann."

Die Verwendung der urbanen Spraybotschaft hat aber noch einen weiteren Aspekt_ "Auch gefällt mir, dass in dem Bühnenbild neben dem Zitieren von Historischem auch die Verbindung zum Heute besteht, das wird durch die Zitate der Graffiti deutlich."

 

SALZBURGER OSTERFESTSPIELE 2022:  FOTOPROBE ?LOHENGRIN?

Schriftzug "KING" aus dem Salzburger Bühnenbild

Endbauwerk

Die Hochwasserrückhalteanlage in Auhof  wurden von 1895 bis 1899 als Teil der Wienflussregulierung errichtet. Ihre Aufgabe ist das Abfangen der für die Wien typischen rasch an- und abschwellenden Hochwasserwellen. In Viebrocks Bühnenbild wird vor allem auf das turmgeschmückte Endbauwerk verwiesen.

Was der KURIER von der gesamten Wagner-Inszenierung und der musikalischen Umsetzung unter DIrigent Christian Thielemann hält, lesen sie hier:

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