Am ärgsten (und athletisch interessantesten) war es im zweiten Aufzug. Da lieferten einander Wotan (Tomas Konieczny) und Fricka (Christa Mayer) sowie Wotan und Brünnhilde (Catherine Foster) Duelle im Stemmen, und es war geradezu erstaunlich, dass es nicht (bleiben wir im Sportjargon) zum Reißen, nämlich der Stimmbänder kam. Derartiges Forcieren ist im Bayreuther Festspielhaus, dem Wagner-Theater mit der grandiosen Akustik und dem verdeckten Orchester, definitiv nicht nötig. Und die Zeit solcher Brüllorgien sollte längst vorbei sein. Laut ist nicht immer gut. Vor allem, wenn es zwischendurch wenig Phrasierung und Differenzierung gibt.
Konieczny als Wotan hat - im Gegensatz zu Brünnhilde etwa - dennoch starke Momente. Er kann piano, da wird es mit der Wortdeutlichkeit auch sofort etwas besser. Er hält bis zum Finale mächtig durch. Und er ist ein exzellenter Darsteller, etwa wenn er auf der fast leeren Bühne beim Abschied von Brünnhilde leidet, sich am Boden wälzt, dann Fricka den Ehering zurückgibt und als Wanderer mit Hut abzieht. Der Mann hat große Präsenz, aber er bräuchte nicht so Gas zu geben.
Auch Vida Mikneviciute, die Sieglinde, muss nicht derart andrücken. Sie hat, wenn sie sich zurücknimmt, einen schön timbrierten Sopran, der allerdings bei den Attacken in der Höhe recht schrill wird. Sämtliche Walküren singen derart brutal, dass man sich einen Lautstärkenregler wünscht.
Die Besten des Abends (wobei man auch Wotan als Guten klassifizieren muss) sind wieder einmal Georg Zeppenfeld als Hunding, von dem man jedes Wort versteht, und (zum ersten Mal in dieser Produktion) Michael Spyres als Siegmund. Der amerikanische Tenor verfügt über ein bemerkenswertes baritonales Timbre, die Stimme öffnet sich in der Höhe sehr schön, er phrasiert gut, ist in der Intonation nicht immer präzise, aber insgesamt ein fabelhafter Sänger für Wagner.
Sehr gut, nach dem triumphalen "Rheingold", war wieder das Dirigat von Simone Young, der ersten Frau am Pult beim Bayreuther "Ring". Sie ist ein Topprofi, hat die Zügel streng in der Hand, agiert dramatisch, toll differenzierend, es klingt prachtvoll, die Todesverkündung, Wotans Abschied und vieles mehr sind Hörerlebnisse.
Die Inszenierung von Valentin Schwarz ist bei der "Walküre" nicht so ideenreich und mitreißend wie bei "Rheingold". Hunding ist eine Art Hausmeister von Wotan und Frickas Vasall, er muss im ersten Aufzug zunächst einmal die Elektrik reparieren. Wotan ist offenbar der Vater von Sieglindes Kind und erschießt Siegmund. Der Walkürenritt spielt sich im Beautysalon ab.
Die Familienaufstellung dieser "Ring"-Saga ist aber insgesamt eine psychologisch spannende Angelegenheit.
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