Volkstheater: Warten auf Bernhard

„Alte Meister“ im Volkstheater: Lukas Holzhausen als monologfreudiger Kunstkritiker Reger
Der vielleicht am wenigsten komische Bernhard-Abend aller Zeiten.

Dušan David Pařízek ist der Shootingstar der Theaterbranche. Dass es der neuen Direktorin des Wiener Volkstheaters, Anna Badora, gelang, Pařízek als Hausregisseur zu verpflichten, ist ein echter Coup.

Seine neueste Arbeit ist eine Dramatisierung von Thomas Bernhards Roman "Alte Meister". (Lustig: Bernhard hat der Welt eine Wagenladung voller Stücke hinterlassen, dennoch werden jetzt offenbar auch seine Prosatexte auf die Bühne geholt. Der Mangel an spielbaren neuen Stücken muss wirklich groß sein.)

Im Buch beobachtet der Erzähler den Kunstkritiker Reger, wie der den Museumsdiener Irrsigler beobachtet. Reger ist ein typischer Bernhard’scher Monologisierer, präzise und ausufernd, voller Abscheu vor Staat und Gesellschaft, Religion und Kultur, Sentimentalität und Kitsch.

Pařízek streicht für seine Bühnenfassung die Erzähler-Figur – und macht aus dem Bernhard ein Stück, das Samuel Beckett nie geschrieben hat. Man fühlt sich ständig an "Warten auf Godot" erinnert – sogar einen lächerlichen Versuch des Selbstmordes gibt es hier. Außerdem zitiert Pařízek das Schnitzelessen aus "Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese".

Konsequenterweise spielt das Stück auch nicht in einem real existierenden Museum (den im Roman dominierenden "Bordone-Saal" gibt es in Wahrheit ja auch nicht), sondern in einem abstrakten Nicht-Raum, in dem vage Bilder über die Wände flimmern (unter anderem auch das des jungen HC Strache, wie er bei der Premiere von "Heldenplatz" protestiert). Museen sind ja kollektive Erinnerungs-Lagerräume – dieses Museum enthält offenbar Bilder aus dem Unterbewusstsein der Hauptfigur.

Zeitschleife

Der "Herr" Reger (Lukas Holzhausen) und der "Diener" Irrsigler (Rainer Galke) sind offenbar in einer Zeitschleife gefangen, das Ende führt wieder zum Anfang.

Die beiden Darsteller spielen erstklassig, und Pařízek hat einen spannenden, beklemmenden Theaterabend montiert. Wer hier allerdings nicht auf Godot, sondern auf Bernhard wartet, der kann lange warten. Der Text hat nur noch wenig von Bernhards mahlender Sprachmusik, und den Strichen fielen einige der lustigsten Sequenzen (etwa die über die Wirtshaus-Toiletten) zum Opfer. Das Ergebnis ist der vielleicht am wenigsten komische Bernhard-Abend aller Zeiten.

Das Premierenpublikum applaudierte sehr freundlich.

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