Am Mittwoch folgte die Uraufführung „Ach, Sisi – 99 Szenen“. Mit jedem Piep springt die Anzeigentafel um eine Zahl weiter. Gegen 21 Uhr, nach 90 Minuten, ist die Produktion bei Szene 49 angelangt. Ob sich das innerhalb der angekündigten zwei Stunden ausgehen wird? Nie im Leben. Es geht sich grad bis zur Sperrstunde um 22 Uhr aus, weil der völlig entnervte Haushofmeister zwischendurch wie wild auf den Piep-Knopf drückt.
Danach wird der Erzherzog-Johann-Jodler karikiert. Und man zitiert das Adelsaufhebungsgesetz aus 1919. Was das mit Sisi zu tun hat? Regisseur Rainald Grebe hatte eben, ach!, mit dem vornehmlich deutschen Ensemble zur Einübung viel österreichische Geschichte (Hitler! Figl! Kurz!), die Zahlen der Wiener Bezirke und leider auch die „Sissi“-Rezeption studiert. So teasert man eben im Rahmen einer seichten „Sisi Nacht“ auf 88,6 alles an, was einem beim Brainstormen so einfällt: von der Wespentaille und dem langen Haar bis zum Veilcheneis, von den angeblich schlechten Zähnen bis zu den lyrischen Ergüssen der Kaiserin.
Zweimal gibt es Live-Einstiege vom Morgentraining in der Spanischen Hofreitschule, dann wieder verfolgt man Backstage die Aufführung eines Sisi-Musicals. Alles mit Sahne – von der „Bretanje“ bis zum „Schangson“ – und viel waberndem Nebel.
Andreas Beck glänzt als gelangweilter Kommentator und grotesker Franz-Joseph-Darsteller, Tilla Kratochwil brilliert im Runterratschen von Sisi-Produkten, Susanna Peterka erzählt sympathisch aus ihrem Leben, Anna Rieser raucht im Sisi-Klischee-Outfit provokativ, Balás Várnei gibt subversiven Ungarisch-Unterricht – und Anke Zillich dem Abend für drei Minuten Tiefe: mit dem Monolog der Kaiserinmutter, die den Egoismus der Tochter nicht akzeptieren kann. Das wäre, ach!, der Stoff für einen tollen Abend gewesen.
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