Programmatisch schlägt sich das vor allem in einer Produktion nieder. Unter dem Titel „Lass uns die Welt vergessen“ erinnert man an jene Künstlerinnen und Künstler, die 1938 während der Proben zur Operette „Gruß und Kuss aus der Wachau“ von den Nazis vertrieben und in vielen Fällen später ermordet wurden. Theu Boermans hat das Buch geschrieben, die israelische Dirigentin Keren Kagarlitsky ist für die Musik zuständig. De Beer: „Ein Zurückschauen ist immer auch ein Vorausschauen. Wir stellen uns die Frage: Wer waren wir damals, wer sind wir jetzt, wer könnten wir werden.“
Wobei das Thema „werden“ schon jetzt ein wenig beantwortet zu sein scheint. „Ich freue mich so sehr, dass wir viele junge Menschen gewinnen konnten, ohne unser Stammpublikum zu verlieren. Diesen Weg wollen wir weitergehen“, so De Beer, die in der nächsten Saison zwei Premieren selbst inszenieren wird: Leonard Bernsteins Meisterwerk „West Side Story“ und Giacomo Puccinis (100. Todestag des Komponisten, Anm.) selten gespieltes Stück „La Rondine“.
Zwei Premieren wiederum wird (neben Konzerten und Repertoire) Chefdirigent Omer Meir Wellber betreuen. Die „Salome“ von Richard Strauss in der legendären Regie von Luc Bondy (Neueinstudierung: Marie-Louise Bondy) und die Premiere von Franz Lehárs „Die lustige Witwe“ in der Inszenierung von Mariame Clement. Mit Laurent Pellys Adaption von Jacques Offenbachs „Die Reise auf den Mond“ steht eine weitere Operettenpremiere bevor.
Dazu kommen mit „ The Gospel According to the Other Mary“ von John Adams ein „Opern-Oratorium“, es wird auch zwei neue Ballettkreationen geben. Kinder, Familien und Katzenliebhaber dürfen sich auf den Hit „Aristocats“ freuen.
Was das Ballett betrifft, so ist Lotte de Beer „im regen Austausch“ mit ihrem Kollegen Bogdan Roščić von der Staatsoper, um einen Nachfolger für den 2025 scheidenden Martin Schläpfer zu finden. Einer Trennung des Staatsballetts in eine Staats-und eine Volksopern-Abteilung kann Lotte de Beer nichts abgewinnen.
Dass Omer Meir Wellber (Vertrag in Wien bis 2027, Anm.) 2025 auch Chef an der Staatsoper in Hamburg wird, bringe auch Synergien. „Omer wird wenig gastieren, und sein Engagement am Teatro Massimo in Palermo läuft aus.
De Beer: „Das werden interessante Zusammenarbeiten zwischen den Häusern in Wien und Hamburg.“
Stolz ist De Beer nicht nur auf eine derzeitige Auslastung von mehr als 84 Prozent, sondern auch auf die umweltfreundliche Photovoltaik-Anlage am Dach. Ein echtes Novum in der Geschichte des Hauses.
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