Volksoper: „Zar und Zimmermann“ als gut gelauntes Spiel mit Klischees

Volksoper: „Zar und Zimmermann“ als gut gelauntes Spiel mit Klischees
Am Kern des Werkes und des Textes wird da nicht gehobelt, so fallen auch keine (intellektuellen) Späne.

Mit Albert Lortzings „Zar und Zimmermann“ ist das so eine Sache. Für gesellschaftskritische Deutungen eignet sich diese 1837 uraufgeführte Spieloper kaum. Auch tiefenpsychologische Interpretationen der einzelnen Charaktere müssen zwangsläufig ins Leere laufen. Denn Lortzing (auch Text) hat mit diesem Werk einfach eine recht gut gebaute Verwechslungskomödie geschaffen, die allerlei Klischees bedient.

Und genau mit diesen Klischees spielt auch Regisseur Hinrich Horstkotte – er ist zudem für Bühnenbild und Kostüme zuständig – in seiner (akklamierten) Neuproduktion für die Wiener Volksoper. Denn wir befinden uns bekanntlich in einer holländischen Kleinstadt, wo Zar Peter der Große inkognito die Geheimnisse des Schiffbaus studieren will, wo wiederum ein Zimmermannsgeselle namens Peter vom trottelig-korrupten Bürgermeister für den echten Zaren gehalten wird, wo Engländer und Franzosen politische Bündnisse mit Russland schmieden wollen und auch die Liebe nicht zu kurz kommen darf.

Alles Käse

Ein Spiel der Irrungen und Wirrungen voller Stereotypen, denen Horstkotte in seiner Inszenierung Rechnung trägt. Denn da gibt es alles, was man mit Holland assoziieren kann. Blau-weiße Kachelwände, Holzschuhe, Tulpen, Windmühlen oder Schiffe und ganz viel Käse – selbst der Mond erinnert an einen Käselaib. Die Farben Blau, Weiß und (etwas) Rot bestimmen die Szenerie; Eingriffe in Text oder Handlung gestattet sich Horstkotte kaum.

Dafür setzt der deutsche Regisseur auf Slapstick, auf eine Prise Commedia dell’arte (vor allem in der Zeichnung des kostümmäßig tatsächlich aufgeblasenen Bürgermeisters van Bett) und auf opulentes (Schau-)Spiel.

Alles Spaß

Am Kern des Werkes und des Textes wird da nicht gehobelt, so fallen auch keine (intellektuellen) Späne. Horstkotte will einfach unterhalten, und das gelingt ihm ziemlich gut. Denn die Trefferquote der Pointen ist meist erfreulich hoch. Ein paar Striche – es gibt gleich zwei Pausen – hätten dennoch wirklich nicht geschadet. Egal, mit diesem „Zar und Zimmermann“ kann (und wird) die Volksoper sehr gut leben.

Zumindest dann, wenn sie solche Kapazunder wie Lars Woldt als Bürgermeister van Bett zur Verfügung hat. Denn der Bassist ist stimmlich wie darstellerisch eine komödiantische Urgewalt und somit das Kraftzentrum der gesamten Produktion. Woldt ist hinreißend in seiner fast an einen Falstaff gemahnenden würdevoll-würdelosen Tapsigkeit – ein Volltreffer.

Als Zar Peter der Große steht ihm der Bariton Daniel Schmutzhard kaum nach. Nur dass Schmutzhard auch die innere Zerrissenheit seiner Figur zumindest in Ansätzen skizzieren darf. In seinen großen Arien berührt er.

Auf das Spiel verlegt sich hingegen Carsten Süss als „falscher“ Zar, der in Mara Mastalir (als Marie vokal nur eine Möglichkeit) letztlich sein Liebesglück findet.

Alles Parodie

Klassische Parodien liefern Ilker Arcayürek als französischer Gesandter, Stefan Cerny als englischer Gesandter, Gregor Loebel als russischer Gesandter, Sulie Girardi als alte Witwe und Georg Wacks als Ratsdiener ab. Dass ihnen allen der tanzende Kinderchor die Show stiehlt, liegt in der Natur der Sache.

Ebenso, dass der von Thomas Böttcher sehr gut einstudierte Chor eine zentrale Rolle einnimmt. Überraschender, dass Dirigent Christof Prick am Pult des sicheren Orchesters oft auf kammermusikalische Begleitmusik setzt. Aber es ist ja eine Spieloper, hier mit Betonung auf Spiel.

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