KURIER: Vicky Krieps spielt Vivienne. Wie haben Sie sich für sie entschieden?
Viggo Mortensen: Gerade im Film sind die Dinge, die man nicht ausspricht, genauso wichtig wie die Dialoge. Vicky ist jemand, der so viel in der Stille vermitteln kann. Man kann ihre Emotionen und Gedanken spüren, das kommt irgendwie durch ihre Haut durch. Sie hat dieses Talent; sie ist nicht nur technisch gut als Schauspielerin. Manche Menschen haben einfach dieses gewisse Etwas, das durch die Kamera und auf der Leinwand wirklich durchdringt. Man kann den Blick nicht von ihnen abwenden. Was auch immer sie tun, es interessiert einen, man folgt ihnen, und Vicky hat das.
Der Film hat zwar den Western-Background, aber in Wirklichkeit ist er eine Beziehungsgeschichte. Sie haben die Faszination der weiblichen Hauptfigur beschrieben, was aber macht Ihre Rolle, Holger, so interessant?
Dass er offenbar faszinierend genug ist, dass diese Frau ihr Leben mit ihm verbringen will! (lacht)
Es hat Ihnen nicht gereicht, das Drehbuch zu schreiben, Regie zu führen und eine Hauptrolle zu spielen, Sie haben auch noch die Filmmusik komponiert. Was können Sie eigentlich nicht?
Ich mag es nicht, wenn Musik einem vorschreibt, was man fühlen und denken soll. Sie sollte begleitend sein, die Geschichte vervollständigen. Im Fall von „The Dead Don’t Hurt“ hilft sie bei einigen Übergängen von einer Ära zur anderen. In diesem Fall haben wir die Musik lange vor dem Dreh aufgenommen. Das war sehr hilfreich, um zu bestimmen, wie lange bestimmte Szenen dauern sollten und wie die Stimmung und der Ton sein sollten, der Rhythmus in Bezug auf den Dialog und wie viel Action gezeigt wird.
Sie haben den Film Ihrer Mutter Grace Gamble Atkinson gewidmet. Welche Rolle spielte sie in Bezug auf Ihre Karriere?
In gewisser Hinsicht habe ich alles über Film gelernt – lange bevor ich selbst in diesem Geschäft zu arbeiten begann. Nicht nur die Filme, die ich in meinem Leben gesehen habe – viele Hunderte davon – und die Filme, an deren Geschichten ich mitgewirkt habe. Sondern auch von meiner Mutter, die mit mir gemeinsam ins Kino gegangen ist, über das, was wir gesehen haben, gesprochen hat. Alles, was ich erlebt und daraus gelernt habe, ist in den Prozess der Entstehung dieses Films eingeflossen, bewusst oder unbewusst.
Zusätzlich sind Sie auch für Ihre Fotografien bekannt, ein Hobby, das bei den „Herr der Ringe“-Filmen begonnen und dann sogar zu Fotoausstellungen geführt hat. Machen Sie immer noch Fotos während eines Filmdrehs?
Nur in der Umgebung. Am Set selbst gib es einen eigens dafür engagierten Set-Fotografen. Und dem will ich nicht in die Quere kommen. Aber ich mache Bilder von der Umgebung. Die „Herr der Ringe“-Filme haben wir ja in Neuseeland gedreht, einem unglaublichen Land. Da war jeder Baum, jedes Gras ein Objekt für die Kameralinse.
Haben Sie damals nicht die gesamte Produktion in Angst und Schrecken versetzt, weil die glaubten, sie wären verschwunden?
Eines Tages, oder ich sollte besser sagen: eines Nachts verirrte ich mich im Wald – zwei Tage lang bin ich rumgeirrt. Es wurde immer dunkler, ich dachte, ich wüsste, wo der Weg zur Küste ist, aber ohne Tageslicht habe ich die Orientierung verloren. Natürlich war ich nicht so schlau, eine Taschenlampe mitzunehmen. Das einzige Licht, das ich hatte, war der Blitz von meiner Kamera. Den habe ich benützt, um den Weg zu finden. Aber ich habe dabei unbeabsichtigt ein paar ganz ausgezeichnete, ungewöhnliche Fotos gemacht.
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