„Mads-Mikkelsen-Filme ziehen immer“, wissen Verleiher, wenn sie einen Film mit Mads Mikkelsen ins Kino bringen. Egal, in welcher Rolle, der charismatische Däne berauscht sein Publikum global. Oft schweigsam, immer ausdrucksstark, pendelt er leichtfüßig zwischen Hollywood und europäischem Arthouse-Kino. Kein Wunder, der Mann hat eine solide Tanzausbildung hinter sich; acht Jahre lang arbeitete er als Musical-Tänzer.
Seine Schauspielkarriere begann Mads Mikkelsen erst mit 30 und trat in dem Thriller „Pusher“ (1996) seines dänischen Kollegen Nicolas Winding Refn auf. Schlagartig weltberühmt machte ihn zehn Jahre später seine Rolle als Bond-Gegenspieler Le Chiffre in „Casino Royale“. Aber The Sexiest Man Alive – mittlerweile 58 – hat längst bewiesen, dass er alles kann zwischen Fantasy-Star und Charakterrolle: Liebhaber im historischen Kostüm („Die Königin und ihr Leibarzt“), einäugiger Krieger („Walhalla Rising“), Verdächtiger des Kindesmissbrauchs „(Die Jagd“), Kannibale (TV-Reihe „Hannibal“), Marvel-Schurke („Doctor Strange“) oder Nazi-Wissenschaftler („Indiana Jones und das Rad des Schicksals“).
Derzeit findet man Mikkelsens melancholisches Gesicht in dem packenden, dänischen Western-Drama „Kings Land“ im Kino. Dort spielt er den Ex-Soldaten und Captain Ludvig von Kahlen, der sich 1755 qualvoll darum bemüht, in der Heide Jütlands Erdäpfel anzupflanzen. Qualvoll deshalb, weil ein boshafter Adeliger alles dransetzt, dem Neuankömmling das Leben zu erschweren. Umso mehr, als die eigene Verlobte ein Auge auf den Captain geworfen hat. Ein verbissener Kampf zwischen den beiden Männern provoziert Mord und Totschlag.
Ja, so eine ähnliche Figur habe er schon einmal gespielt, erzählt Mads Mikkelsen aufgeräumt im KURIER-Gespräch und erinnert sich an seine Titelrolle in „Michael Kohlhaas“: „Zwei Männer kämpfen eigensinnig um ihr Recht. Aber es gibt einen riesigen Unterschied: Ludvig von Kahlen kapiert rechtzeitig, dass es in seinem Leben noch etwas anderes gibt als Recht zu behalten. Michael Kohlhaas, dumm, wie er ist, hat diese Einsicht erst eine Sekunde, bevor ihm der Kopf abgeschlagen wird.“
Eigensinn zähle auch zu seinen herausstechenden Eigenschaften, gibt Mikkelsen zu – im direkten Gespräch keineswegs einsilbig, sondern vielmehr höchst auskunftsfreudig. Es sei eine Stärke, manchmal aber auch eine Schwäche. So habe er sich lange geweigert, die mittlerweile berühmte Tanzszene in Thomas Vinterbergs Drama „Der Rausch“ zu drehen – denn wer würde schon mitten in einem realistischen Film zu tanzen beginnen?
Halt die Klappe!
„Irgendwann meinte Vinterberg: ,Ich habe es dir hundert Mal erklärt. Jetzt halt die Klappe und mach’s einfach.‘ Und er hatte absolut recht.“
Sich selbst bezeichnet Mikkelsen als „History Freak“. Die Geschichte Dänemarks kennt er in- und auswendig, so auch die raue Besiedelung Jütlands – „ein enorm großes Kapitel, das allerdings gerne unterschlagen wird“. Wenn es um historische Details geht, kann er kleinlich werden. Dass es zwischen dem kämpferischen Captain und der verliebten Adelsverlobten einen romantischen Kuss geben muss, sieht er zwar ein: „Ich verstehe, dass wir etwas im Film brauchen, womit sich das zeitgenössische Publikum identifizieren kann.“
Gleichzeitig kam er nicht umhin, den Regisseur von „King’s Land“, Nicolaj Arcel, über die Kussgewohnheiten der Völker in der Vergangenheit aufzuklären: „Bis in die 1880er-Jahre hat damals kein Mensch geküsst. Der Kuss hat nicht existiert. Die Japaner haben sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu küssen begonnen, weil es ihnen bis dahin davor grauste. Der Kuss ist eine romantische Erfindung, die erst mit der Lyrik und dem Roman aufkam.“
In „King’s Land“ spricht Mikkelsen zwischendurch auch astreines Deutsch, eine Sprache, die er zwar nur rudimentär beherrscht, in der er sich aber sehr wohl fühlt: „Die deutsche Sprache hat etwas, das mich sehr ans Dänische erinnert. Vielleicht ist es die Melodie. Im Deutschen fühle ich mich zu Hause.“
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