Es ist doch etwas merkwürdig, dass die Kunstmesse Vienna Contemporary, die noch im Vorjahr in der Wiener Marx Halle Hof hielt und im Prä-Corona-Jahr 2019 noch 110 Galerien aus 26 Ländern eine Bühne bot, nun auf dieser Großbaustelle gelandet ist: Zwischen blanken Ziegelmauern und Leitungen sind nun Stellwände platziert, insgesamt 25 Aussteller zeigen darin bis Sonntag (vorrangig) junge Kunst. Auch das Preislevel der Kunstwerke ist eher im Entdecker-Bereich angesiedelt, ab 1000 Euro sind mitunter schon größere Arbeiten zu haben.
Vom Flair her versprüht die einst mit High-End-Anspruch angetretene Veranstaltung damit mehr Offspace-Charme, als ihn die "Parallel Vienna", die die Alte Post ebenfalls einst zwischennutzte und ab Montag in der einstigen Semmelweis-Klinik im Wien Währing ihr Programm präsentieren wird, je zustande brachte.
Bekenntnis zu Wien
Wie der Vorstandsvorsitzende der Betreiber-Gesellschaft, Dmitri Aksenov, bei der einleitenden Pressekonferenz sagte, war das "Experiment" der heurigen Ausgabe einer späten Beschlussfassung geschuldet: Während man 2020 als einer der wenigen Player in Europa noch darauf beharrte, die Messe "live" in der Marx Halle durchzuführen, habe man diesmal lange gezögert. Dass dann der Ex-Geschäftsführer Renger van den Heuvel seine neue "Spark Art Fair" ausgerechnet in der Marx-Halle startete und zuletzt noch der Kunstmarkt-Magnet "Art Basel" den ursprünglich geplanten September-Termin besetzte, machte Dinge nicht einfacher.
Er bekenne sich aber zum Standort Wien und zur langfristigen Mission, die Stadt als Marktplatz für Kunst aus Mittel- und Osteuropa zu fördern, sagte Aksenov: Mit fünf Galerien aus Russland, dreien aus Ungarn und Slowenien, zwei aus Tschechien und je einer aus Rumänien, Lettland und der Ukraine ist die Messe dann auch eher als internationale Ergänzung des lokalen Wiener Programms zu verstehen. zu einer Reihe von Galerien sowie dem Festival "Curated By", das ebenfalls am Wochenende startet, knüpfte man Allianzen. Künstlerisch ist allerdings die primär von heimischen Playern bespielte "Zone 1", für die eine Kuratorin einzelne Künstlerpositionen auswählte, das überzeugendste Element der Veranstaltung in der Alten Post.
Die Immobilie, die 2018 von den Entwicklern Tojner und Soravia ins Eigentum der Stiftung des SAP-Gründers Hasso Plattner wanderte, soll ihrerseits zu einer gemischt genutzten "Stadt in der Stadt" werden und auch Platz für Kultur bieten. Verantwortlich dafür zeichnet der Multimediakünstler Andreas Rodler alias "SHA", der eine "immersive" Medienkunst-Installation im Dominikanerhof erarbeitet, die 2022 eröffnen soll. Als Kostprobe ist im Rahmen der "viennacontemporary" eine Projektion in einem sonst stockdunklen Raum zu begehen.
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